Wir verließen die beschauliche Bluefield Lagune und motorten, denn Wind war nicht vorhanden, nach Escudo de Veragas, einer dem Festland vorgelagerten Insel, 30 Seemeilen von der Blufield Lagune entfernt. Am Nachmittag kurz vor 16:00 Uhr fiel unser Anker in glasklares türkiesblaues 6,5 Meter tiefes Wasser direkt vor dem westlichen Strand neben einem vor den Wellen schützenden Riff.
Im Anschluß an unser Ankunftsessen brachten wir unser Dingi ins Wasser, schnappten uns Schnorchel und Taucherbrille und paddelten an den mit Treibgut übersäten Strand. Dort standen zwar ein paar Hütten, aber die waren unbewohnt. Wir genossen also den einsamen Strandspaziergang und ein anschließendes Schnorcheln mit einem ersten Blick auf das neben uns befindliche Riff. Insgesamt lagen wir zu drei Schiffen hier vor Anker. Ein Schööööönes Plätzchen!
Den nächsten Tag blieben wir am Ankerplatz, das Wetter ließ uns noch etwas Spielraum. Unser amerikanischer Nachbar hatte uns in den frühen Morgenstunden verlassen, sendete uns aber per Funk den Wetterbericht rüber, den er per Amateurfunk bekam, denn Internet oder sonstige technische Zivilisation sind auf der Insel natürlich nicht vorhanden.
Wir verbrachten den Tag mit einem ausgiebigen Strandspaziergang und einem Schnorchelausflug zum Riff. Für den Abend verabredeten wir uns mit dem anderen Ankerlieger zum Lagerfeuer am Strand bei einem wunderschönen Sonnenuntergang und so genossen wir nach langer Zeit mal wieder echte Lagerfeuerromantik.
Am Dienstag, den 24. Januar 2017 drängte es uns weiter, denn unser Wetterfenster neigte sich dem Ende zu und versprach zunehmenden Wind genau von vorne nach 48 Stunden. So holten wir den Anker um kurz nach 11:00 Uhr ein und motorten los. Zu früh durften wir nicht starten, denn wir wollten nicht im Dunkeln in Colon ankommen. Nachdem wir die Insel Escuda de Veragus umrundet hatten und das Wasser schon wieder eine Tiefe von 20 bis 30 Metern erreichte, entspannten wir und bereiteten uns auf eine gemütliche Fahrt vor, bis wir dann vor unserer Nase noch ein kleines offenes Fischerboot mit zwei schnorchelnden Schwimmern beim Fischfang entdeckten. Kaum zu glauben, das die auf offener See bei solchen Wassertiefen hier anzutreffen waren.
In den späten Nachmittagsstunden setzten wir Segel, Vollzeug, seit Providencia im Mai 2016 das erste Mal wieder. Das war etwas schauklig aber doch toll endlich wieder zu segeln. In der Dämmerung mußten wir allerdings reffen, denn wir waren viel zu schnell um zu unserer geplanten Zeit anzukommen. Und wo wir dann schon mal beim freiwilligen reffen waren um einfach nur langsamer zu werden, beschloß Petrus noch einen obendrauf zu legen und den Ventilator noch deutlich höher zu drehen. Bei spontanen 25- 30 Knoten „am Wind“ banden wir dann sehr schnell das dritte Reff ins Großsegel und verkleinerten unser Vorsegel auf ¼ seiner Größe. So, nun waren alle unsere Zeitpläne für die Katz, denn Gegenwind spurtete mit Höchstgeschwindigkeit durch die Wellen und so ließen wir sie erst einmal laufen. So ging es in die sternenklare herrlich dunkelblaue Seenacht, während Gegenwind auf dem schwarzen Wasser aus ihrer Bugwelle viele kleine wunderschön fluoreszierend funkelnde Diamanten hervorbrachte. Bei der kurzen Nacht geriet unser übliches Wachsystem völlig durcheinander, so daß Asha nun die Wache von 21:00 bis 02:40 Uhr übernahm und dann Helge die Ansteuerung für Colon vor sich hatte. Der Wind nahm glücklicherweise auch wieder ab und so torkelten wir langsam durch die zweite Nachthälfte bis kurz vor Hellwerden die vielen, vielen Lichter der vor Colon ankernden Tanker und Frachter erschienen.
Um kurz vor 07:00 Uhr am Mittwochmorgen erschrak Helge, als er so dicht vor Colon ein unbeleuchtetes, dunkles Etwas entdeckte, das vor Gegenwinds Bug in den Wellen auf- und abging und unaufhaltsam auf uns zukam. Für Manöver unter Segeln blieb keine Zeit, da wir so wenig Segel gesetzt hatten, das Gegenwind zwar noch geradeaus fuhr aber nicht mehr bereit für eine Wende war: Also Motor an und weg von dem Ding!
Aus sicherer Entfernung und mit zunehmender Helligkeit erkannten wir in dem dunklen Etwas einen riesigen Baumstamm, etwa doppelt so lang wie Gegenwind. Das ging ja nochmal gut!
Um 09:30 Uhr liefen wir nach 122 Seemeilen in den Hafen von Colon ein und der Panamakanal war zum Greifen nahe. Um 10:00 Uhr machten wir an einem Liegeplatz in der unter Seglern weitbekannten Shelter Bay Marina fest. Wir bekamen einen Platz im hinteren Bereich der Marina, denn wir sind hier eines der kleinsten Schiffe im Hafen. Außerdem bereiteten sich Schiffe, die an einer Wettfahrt um die Welt (World ARC) teilnehmen gerade auf die Passage des Panamakanals vor und auch sonst herrscht hier Aufbruchsstimmung für die Pazifiküberquerung. Wir haben endlich mal wieder eine „Full Service Marina“ mit allem was dazugehört: Trinkwasser am Steg, das auch zum abspülen des Schiffes genutzt werden darf, Stromanschlüsse für die weltweit unterschiedlichen Systeme, einen Werftbetrieb, ein europäischer Segelmacher, ein Hotel und Restaurantbetrieb, gut englischsprachiges Personal, eine supersaubere gepflegte Anlange inclusive Duschen, die rund um die Uhr betreut und bewacht wird und in den schönsten Lichtern erscheint, sowie einen Swimmingpool mit Whirlpool – welch ein Vergleich zu der stromlosen Bluefield Lagune mit den um Kugelschreiber bittenden Mädels!
Viele Grüße aus Colon (direkt an den Karibikschleusen zum Panamakanal)
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind