Eigentlich wollten wir ja nur ein paar Tage in der Shelter Bay Marina in Colon bleiben, um die Formalitäten für den Panamakanal zu erledigen und dann ab in die San Blas Inselwelt zum Schnorcheln und zu den Gunas Indianern aber… .
Zuerst mußten wir mal wieder Informationen sammeln und das ist hier in Panama doch sehr beschwerlich, denn jeder weiß etwas aber keiner weiß alles und ist schon gar nicht auf dem aktuellen Stand. Dieses Bild ist aber wohl typisch für Panama, denn in Panama heißt es: „Alles ändert sich ständig!“ Und so sind Informationen aus dem vergangenen Jahr vielfach veraltet oder sogar unbrauchbar. Die Panamaer, oder eigentlich müßten wir sagen, die US-Amerikaner, die das Land und die Wirtschaft steuern verdienen über diese Methode viel Geld: verwirren und abkassieren. Naja, wir zahlen unser Lehrgeld.
Nach den ersten Tagen in der Marina stellten wir leider fest, daß das Wetter uns nicht gewogen war, Wind und Wellen waren gegen uns und viel zu stark, also verschoben wir die Weiterfahrt. Dann erwischte es Helge, die Shelter Bay Erkältung, die hier auf den Stegen die Runde machte, also verschoben wir die Weiterfahrt.
Nun änderte sich das Wetter zu unseren Gunsten, aber wir blieben trotzdem, denn unser Panamavisum lief in ein paar Tagen ab und Panama verlangt die Verlängerung exakt am Ablaufdatum – etwas zu früh und man wir wieder fortgeschickt, ein Tag zu stät und man ist illegal und muß zahlen. Also zog das tolle Wetter an uns vorbei und wir blieben in der Marina.
Nun beschlossen wir unseren Plan zu ändern und direkt durch den Panamakanal zu fahren – die Zeit für den Pazifik drängt ja schließlich auch ;-).
Wir kümmerten uns um einen Kanaltermin, halfen anderen Booten bei der Kanalpassage, begaben uns zum Einkaufen in die großen Shopping Malls und in die weltweit größte Freihandelszone. Nun stehen wir vor unserem eigenen Transittermin.
Aber halt, nicht zu schnell!
Aus der Shelter Bay Marina fährt täglich ein kostenfreier „Shopping Bus“ zu den großen Einkaufzentren in Colon, und so gelangten auch wir einige Male zum Einkaufen. Die Besuche der Supermärkte waren echter Streß, denn die Zeit zum Einkaufen ist durch den Busfahrplan doch stark limitiert (ein vielleicht zwei Busse pro Tag), so daß wir schnell durch die Gänge huschten, den Korb mit dem nötigsten füllten und völlig abgehetzt wieder im Bus landeten – Seglers leid. Natürlich geht auch ein Taxi aber mit 50 US$ kann man etwas Besseres anstellen.
In unserer „Full Service“- Marina dachten wir inzwischen daran mal ein paar Arbeiten professionell erledigen zu lassen: Ein Metallgestell für einen Sonnenschutz über dem Cockpit und ein neuer Baumbezug für unser Großsegel. Das Ergebnis war niederschmetternd, denn kein noch so hoch bezahlter deutscher Facharbeiter hätte sich getraut solch hohe Preise auch nur ansatzweise zu nennen. So verzichteten wir auf den Sonnenschutz und den Baumbezug schneiderten wir selber und brachten ihn nur zum Nähen zu einer Segelmacherin.
Die weltweit größte Freihandelszone lockte uns. Sie ist faszinierend. Die Wachleute beim Eingang kassierten nach Lust und Laune ein paar Dollar Eintritt oder auch nicht – das muß man ausprobieren und wenn einem der Preis nicht paßt, einfach das nächste Tor nehmen. Rund 5000 Firmen haben sich hier angesiedelt und brachten uns zum Verzweifeln auf der Suche nach einem zusätzlichen Solarfeld und einem neuen Ersatzfotoapparat. Entweder waren die Dinge ohne Steuern teurer als außerhalb der Freizone, die Geschäfte versprachen am Eingangsschild, was die Räumlichkeiten nicht hielten (z.B.: Werkzeuge waren am Eingangsschild ausgeschrieben und Hundespielzeug war drin) oder die Geschäfte waren nur für Händler zugängig. So war unser Besuch einfach nur interessant. Die Zone ist panamatypisch: verwirrend und abkassierend.
Colon selber ist ein undurchschaubar gefährliches Pflaster, wir hören immer wieder von Gewalt und Überfällen und so bewegten wir uns das erste Mal nur eingeschränkt in der Stadt, also per Shopping Bus oder per Taxi. Wir haben bisher auch noch keine so vergessene Stadt gesehen – der Panamakanal, einige reiche Bezirke und die Shopping Malls ausgenommen leben die Menschen hier in Bergen aus Müll und Dreck und Kinder spielen im Abfall, der die Wohnstraßen bedeckt – wir haben aus diesem Grund keine Fotokamera oder andere Wertgegenstände bei uns und infolge dessen auch keine Bilder von der Situation gemacht.
Toll ist dagegen die Gegend um die Shelter Bay Marina, eine ehemalige US-Kaserne, die zum großen Teil ein Naturschutzgebiet ist. Hier gibt es vieles was man von einem schönen Dschungel erwartet. Ein historisches Fort am Rio Chargres, das wir bei einem Spaziergang erkundeten und auf dem Weg entdeckten wir vom Affen bis zum herrlich blauleuchtenden Schmetterling allerhand faszinierende Tiere und Pflanzen.
Unsere ersten Erfahrungen mit dem Panamakanal waren beeindruckend. Jedes Schiff muß einen Skipper und vier Personen zum Bedienen der Leinen an Bord haben und so gingen wir mit französischen Freunden einmal als Leinencrew durch, Asha machte eine zweite Tour als Leinencrew mit und so sind wir jetzt gut vorbereitet. Aber von der Kanaltour werden wir von unserer eigenen Passage genau berichten.
Viele Grüße aus Colon (direkt an den Karibikschleusen zum Panamakanal)
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind