Wir dachten schon, daß Timor-Leste eines der wenigen Länder ist, das von dem Corona-Virus verschont wird – „Pustekuchen“!. Mit den ganzen Medienberichten und den Informationen von Freunden weltweit, war uns eigentlich schon sehr früh klar, daß das ein Wunschdenken war, das wir hier auf der Insel mit den Einheimischen geteilt haben.
Denn wenn wir die vergangenen Wochen/ Monate zurückschauen, fingen unsere schlimmsten Befürchtungen eigentlich schon Ende Januar mit dem Verfolgen der Ereignisse in China und dem Rest der Welt an.
Aber nun ist es soweit und der ganze Corona-Krisen-Wahnsinn ist auch hier angekommen.
Als wir vergangenen Freitag, den 20. März 2020 zum Einkaufen an Land gepaddelt sind, wurden wir von der Maritim- Polizei am Ausgang aufgefordert uns sofort bei der Einwanderungsbehörde zu melden und so folgten wir der Aufforderung und gingen direkt zum Einwanderungsbüro. Der Beamte kontrollierte unsere Pässe und vor allem unsere Einreisestempel. Nach einer längeren Diskussion, denn Englisch ist für die Beamten nur eine Fremdsprache, die selten gebraucht wird, kamen wir gemeinsam zu dem Schluß, das alles in Ordnung ist und wir schon vor Corona-Zeiten hier angekommen sind. Er machte uns darauf aufmerksam, das wir jetzt streng von der Maritim- Polizei kontrolliert werden und wir mit dem Ablauf unseres Visum Mitte April Timor-Leste verlassen müssen, uns bis dahin aber in der Hauptstadt Dili frei bewegen dürfen. Außerdem erzählte er uns, das jetzt die Grenzen für Einreisende geschlossen sind. So, das war nun geklärt und wir erledigten beruhigt unsere Besorgungen bevor wir zu unserem Dingi zurückgingen. Als wir den Eingang zur Maritim-Polizei erreichten, um uns wieder in dem Besucherbuch einzutragen, wurden wir noch einmal auf die jetzt besonders wichtige Kontrolle hingewiesen und bekamen auch gleich die Einschränkung, das wir bis spätestens 16:00Uhr an Bord zurückkehren müssen. Es wird ungemütlicher.
Am folgenden Tag zog es uns an Land um ein paar Hamstereinkäufe zu machen, da wir einige Andeutungen verstanden haben, die uns eventuell für die kommenden Wochen an Bord fesseln könnten. So stockten wir unseren Proviant kurzfristig auf. Unsere ersten Supermärkte waren fast wie immer. Nur standen jetzt überall Desinfektionsmittel zum Hände Einsprühen herum oder es waren Wasserhähne zum Händewaschen vor den Märkten installiert. Es wurde auch keiner mehr hereingelassen, der sich nicht die Hände gereinigt hatte. Als wir dann zum Mittagessen eine Shoppingpause einlegten, sahen wir die Leute irgendwie verändert – hektisch und verängstigt herumlaufen. Wir haben leider das Problem, das wir kein Tetum und kein Portugiesisch verstehen und die Menschen hier nur wenig Englisch sprechen, so daß uns viele allgemeine Informationen einfach fehlen.
Als wir nach der Mittagspause unsere Shoppingrunde fortsetzten, ließ Asha Helge mit den Rücksäcken vor einem Supermarkt stehen und zuerst waren die Kassen leer und wenige Kunden durchsuchten die Regale. Dann brach aber plötzlich das Chaos aus. Die Menschen strömten hinein. Nach kurzer Zeit kamen die Ersten mit mehreren Reissäcken, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sowie Wasserflaschen wieder heraus – Klopapier war hier nicht der Renner! Der Supermarkt füllte sich zusehends und die Schlange an der Kasse wurde immer länger, so daß Asha letztendlich über eine viertel Stunde anstand. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig zum Torschluß wieder zurück am Dingi zu erscheinen.
Am Sonntag wollten wir unsere Wasservorräte auf Maximum auffüllen – also 60Liter vom Supermarkt schleppen, denn das ist hier die einzige saubere Trinkwasserversorgung. Der Wachposten der Polizei Maritima wollte uns allerdings nicht mehr durchlassen und er erklärte uns, das jetzt der erste vom Corona-Virus Betroffene hier in Dili festgestellt wurde!
Der Betroffene ist eine Studentin, die für ein halbes Jahr in Portugal war und das Virus bei ihrer Rückkehr mitgebracht hatte. Nur angekommen war die Betroffene schon am 12. März, während sie vergangene Woche erst Symptome zeigte und getestet wurde. Tiomor-Leste kann keine eigenen Corona-Tests durchführen und so werden alle Proben zur Auswertung nach Australien geschickt.
Wir führten eine längere, nette Diskussion mit dem Polizeibeamten über das ganze Thema und über unsere Versorgung mit Trinkwasser. Letztendlich sollten wir unser Wasser einkaufen und er empfahl uns auch gleich noch weitere Einkäufe zu erledigen, was wir dann auch taten. Außerdem gab er uns auch noch je eine Schutzmaske, damit uns nichts passiert. Die Polizei Dein Freund und Helfer!
So kehrten wir nach mehreren Shoppingtouren gerade rechtzeitig um 16:00Uhr wieder zurück. Und Ihr werdet es nicht glauben obwohl es noch keine Ausgangssperre gibt, waren die Straßen so gut wie leer, in den Supermärkten und auf den Märkten waren kaum Leute – keine Hamsterkäufe mehr! Gut wir müssen dazu sagen, das ein Großteil der Einheimischen gar nicht das Geld für Hamsterkäufe hat. Das Bild, das auf den Straßen blieb waren Kinder, die versuchten ein paar Eier oder Mangos zu verkaufen. Während es in Deutschland schwer fällt zu Hause zu bleiben nimmt man das hier als nötige Maßnahme hin und das obwohl es hier keine Lohnfortzahlung und keine Sozialhilfe gibt. Das bedeutet, wer nicht arbeitet verdient kein Geld mehr um seine Familie zu Versorgen.
Den gestrigen Montag sind wir an Bord geblieben. Aber heute waren wir wieder an Land um uns auf den neuesten Stand zu bringen. Wir wurden nicht aus der Polizeistation gelassen und die Angst hier vor Ort ist riesig. In dieser Woche soll das weitere Vorgehen entschieden werden.
Für uns bleibt die Situation weiter angespannt, denn zum Einen läuft unser Visum in ca. vier Wochen ab und zur Zeit haben alle Länder, die als mögliche Ziele für uns in Frage kommen ihre Grenzen geschlossen, so daß eine Einreise unmöglich ist.
Letzten Donnerstag, also nach der Grenzschließung kam hier ein Australier mit seinem Schiff an. Er durfte kurz an Land um Diesel und ein paar Vorräte zu ergänzen und mußte dann das Land sofort wieder verlassen.
Wir hoffen, daß man unser Visum so lange verlängern wird, bis sich die Lage wieder entspannt.
Viele Grüße aus Dili, Timor-Leste und bleibt gesund!
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind