Datum: Samstag, 18. September 2021 – 12:00 Uhr Osttimor-Zeit
GPS-Position: N 02°22,436‘, E 101°46,829‘
Kurs wir folgen dem Fahrwasser der Malakka Straße, Geschwindigkeit 5-6kn, Motorfahrt, Tagesetmal 138sm, seit Dili 1697sm vorangekommen, noch zu segelnde Strecke 402sm von der Gesamtstrecke 2029sm.
Aktuelles Wetter: wir sind im tropischen Nordsommer angekommen, großteils bedeckter Himmel, brutal heiße 31,6°C im Schiff, Wassertemperatur 29,5°C, Wind 2 Beaufort aus Ost, See 0,1m.
Wir schippern jetzt entlang der Fahrwassergrenze der Malakka Straße. Nachdem wir jetzt heftig anstrengende, stressige zwei Tage hinter uns haben, erholen wir uns gerade wieder etwas und holen Schlaf nach.
Da unser Bericht über die Singapurstraße gestern etwas spartanisch ausgefallen war, wollen wir das nun aber nachholen. Vorgestern Abend mit Dunkelwerden verdichtete sich der Schiffsverkehr mit lauter Frachtern und Tankern, die genau wie wir Anlauf auf die Singapurstraße genommen haben- natürlich alles unter Motor. Der Horizont in Richtung Stadt sah aus als würde ein riesiges Feuer über Singapur wüten.Unsere eigentliche Überquerung des Verkehrstrennungsgebietes begann gegen 23:00Uhr gut zwei Seemeilen vor der mehrspurigen Schiffsautobahn mit dem suchen nach geeigneten Lücken um durch den passierenden Durchgangsverkehr hindurchzukommen – halt wie beim Überqueren einer Autobahn zu Fuß. Zum Glück war der Mond hell bei einem klaren Sternenhimmel und so hatten wir gute Sicht.
Um 01:10Uhr erreichten wir die Nordseite des Verkehrstrennungsgebietes und fuhren unter Motor weiter am Rande der Straße, während die Großen und die Riesen wie an einer Perlenschnur an uns vorbei rasten. Unsere Geschwindigkeit reduzierte sich trotz Motorfahrt auf gerade mal zwei Knoten, denn eine sehr kräftige Strömung stand uns entgegen. An Schlaf war diese Nacht nicht mehr zu denken, denn auch am Fahrwasserrand tobte das Leben. Kleine Fischer mit ihren schnellen Booten flitzen um uns herum und brachten schnell ein paar Leinen oder Bojen aus um sie kurze Zeit später wieder herauszuholen und das so dicht wie möglich am Durchgangsverkehr. Je dichter wir dem Stadtzentrum mit seinen Hafenanagen kamen umso mehr große und riesige Schiffe ankerten außerhalb des Fahrwassers oder nahmen gerade Fahrt auf oder wollten sich einen Ankerplatz suchen und wir mitten in deren Routen. Am Morgen gegen 06:00Uhr hörte die massive Gegenströmung auf und wir konnten wieder mit unserer Mo
tormarschfahrt von fünf Knoten vorankommen. Die ganzen Lichter von den Schiffen, von Gebäuden an Land, Fischerblinklichter, schummrige unbeleuchtete Schleppkähne machten aus der ganzen Umgebung eine bunte Lichterlandschaft auf dunklem Grund. Mit Sonnenaufgang konnten wir einen ersten richtigen Blick auf das Geschehen werfen und es zeigte sich überwältigend. Auf der einen Seite hatten wir das Fahrwasser, mit der Perlenschnur vorbeirauschen großer und riesengroßer Schiffe, während auf der Stadtseite die Wasserfläche vollgeparkt war mit den gerade nicht fahrenden großen und riesengroßen Pötten und allem was sonst noch schwimmt. Immer wieder kamen Schiffe aus dem Ankerfeld heraus oder wollten hinein und hielten Kurs auf uns zu und forderten somit unsere volle Aufmerksamkeit. Im Laufe des Tages kamen wir vorbei an einer Flotte unzähliger ankernder Kreuzfahrtschiffe, dann lagen dort noch viel mehr Frachter und Containerschiffe und hinter den beeindruckenden Riesenpött
en tauchte die Skyline von Singapurs Zentrum mit all seinen Hochhäusern auf, die neben den Schiffen um uns herum schon fast winzig aber dennoch beeindruckend wirkten. Und wir immer mittendrin, mal zwischen zwei Riesen mal davor und teilweise von einer heftigen Strömung mit bis zu neun Knoten Geschwindigkeit unterwegs. Nach der Mittagszeit kamen wir dann auf der Westseite der Singapurstraße an einer mächtigen vor Anker oder an Bojen liegenden Tankerflotte vorbei. Etlicher der Riesentanker lagen sogar im Päckchen an den Bojen. Um 15:00Uhr hatten wir die Malakka Straße erreicht und die Singapurstraße lag in unserem Kielwasser, genau wie die Schiffsmassen jetzt achteraus blieben. Unser Streßpegel konnte sich beruhigen und wir merkten wie müde wir waren. Bei der Anzahl an Riesenpötten die wir hier in Singapur gesehen haben, kamen wir auf den Gedanken, das auf den Weltmeeren jetzt gerade kein einziges Schiff mehr zu finden sein dürfte – beeindruckend welch eine irre gr
oße Flotte doch für den Welthandel unterwegs ist. So viele Schiffe haben wir noch nie auf einem Haufen gesehen.
Die Malakka Straße ist ebenfalls als Verkehrstrennungsgebiet eingerichtet und wir halten uns weiterhin am Rand auf. Bei flauen Winden fahren wir unter Motor hindurch und so wollten wir uns hier eigentlich etwas erholen aber gestern Nachmittag viel das Barometer erst einmal kräftig ab und so präparierten wir uns für eine weitere ungemütlich Nacht, zusätzlich tankten wir noch einmal Diesel aus unseren an Deck verschnürten Kanistern nach. Mit der Dämmerung kam dann ein heftiges Blitzen auf, ein Blitz sah in seiner Ausdehnung fast wie ein Tornado aus. Der Wind frischte auf teilweise 20kn auf, kam aber aus Ost, also von der Seite Malaysias und so hielten wir unter Motor durch und versuchten einen Nachtwachenrhythmus zu finden bei dem wir den vermißten Schlaf nachholen konnten. Der Wind ließ nach ein paar Stunden nach, während das Blitzen, natürlich nicht ganz so heftig, uns bis zum Hellwerden begleitete. Aber es blieb trocken. Und so sind wir heute wieder einigermaßen
fit für die nächsten Seemeilen.
Viele Grüße aus der Malakka Straße
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind