Wir sind nun schon über zweieinhalb Monate auf der kleinen friedlich paradiesischen Insel Providencia. Unseren Alltag erleben wir hier gemeinsam mit anderen Seglern und den ständigen Themen rund ums Schiff, den täglichen Erledigungen und dem Wetter aber genauso sind wir inzwischen ein Teil der Inselgemeinde geworden – halt langweiliger Dorfalltag, der natürlich etwas anders aussieht als in Deutschland.
Der Vormittag:
Pünktlich zwischen 06:00 und 07:00 Uhr morgens werden wir durch etliche nervige Stubenfliegen geweckt. Die Salontemperatur beträgt 30°C. Nach dem Aufstehen beginnt Helge den Tag meist mit Yoga an Deck. Der Kopfstand auf dem schaukelnden Schiff klappt inzwischen! Asha entspannt währenddessen noch ein wenig, näht am Mantel für unser Dingi weiter – natürlich von Hand, oder beginnt schon mit dem Vorbereiten des Frühstücks.
Beim anschließenden Frühstück wird dann der Tagesplan festgelegt: Einkaufen, Trinkwasser besorgen, Spazieren gehen, Nachbarn besuchen, mit Freunden Skypen, Schiffsinstandhaltung, Schnorcheln gehen, Dingi kleben, Außenborder warten, angeln, oder, oder, oder … . Meisten überschätzen wir uns bei der Planung, da wir den karibischen Verlangsamungsfaktor immer noch nicht wahrhaben wollen. Die tropischen Temperaturen und die hohe Luftfeuchtigkeit verlangsamen alles – Temperaturen bei denen in Deutschland nach Hitzefrei gerufen wird erscheinen uns inzwischen angenehm kühl.
Eine Zeitlang wurden wir von Bienen beim Frühstücken gestört. Die gelbschwarzen Flieger wollten sich auf Gegenwind häuslich einnisten und ein Blätternest in eine Höhle bauen. Jetzt ist die Bienenzeit an Bord zum Glück wieder vorüber.
Vor ein paar Wochen beim vormittäglichen Abschnorcheln unserer Ankerkette und unserer Anker sichteten wir eine ca. 50cm lange braunschwarz gemusterte Seeschlange an der Kette. Von einem anderen Segler wurde uns berichtet, das es auf der Insel im Busch sogar große Würgeschlangen, Boas geben soll.
Häufig starten wir mit dem Dingi zum Einkaufen und zum Wasserholen ebenfalls am Vormittag. Der Erfolg ist uns dabei allerdings nicht immer sicher. Das Wasserwerk liefert nicht jeden Tag Trinkwasser oder es wird zu wenig geliefert. Somit ist es auch schon mal ausverkauft. Die Supermärkte hängen an Versorgungsschiffen, die zwar regelmäßig ankommen, aber selbst wenn gerade ein Versorger am Pier liegt, heißt es nicht, das die Waren immer sofort in die Regale eingeräumt werden.
Im Moment ist wieder Mangozeit, je nach Regenmenge und so unternehmen wir nach der Shoppingtour gerne einen Spaziergang in den Busch um die reifen Früchte einzusammeln. Manchmal bietet sich uns auch eine heruntergefallene Kokosnuß an, die wir gerne als abendlichen Snack genießen. Eine echt fiese Angelegenheit sind allerdings die Ameisen dabei, denen wir ihre Nahrung streitig machen. Diese winzigen Dinger beißen richtig schmerzhaft zu und ihre Bisse werden teilweise zu großen bis zu einen Zentimeter dicken Blasen, die lange jucken und sich gerne zu hässlichen Narben entwickeln.
Um die Mittagszeit haben wir die Chance per Internet und Skype auch mal die eine oder andere Verbindung nach Deutschland aufzubauen, denn dort sitzt man mit sieben Stunden Zeitunterschied beim Abendessen. Gleichzeitig laden wir dabei außerdem gerne die aktuelle Tagesschau herunter um die Ereignisse in Deutschland zu verfolgen.
Zum Mittagessen und Ausruhen von der prallen Sonne fahren wir meist an Bord zurück.
Der Nachmittag:
Falls dann der Tag noch nicht vorüber ist, motoren wir für einen Spaziergang wieder an Land. Ein paar herumstreunende Katzen und viele herumstreunende Hunde gehören selbstverständlich zu jeder Karibikinsel dazu. Hier auf Providencia haben wir das erste Mal gesehen, das viele Rüden kastriert sind. Die Hunde werden von den Einheimischen manchmal geduldet, manchmal mit Fußtritten davongejagt oder mit Steinen beworfen. Welpen werden auch schon mal einfach so ausgesetzt. Die Tiere sind friedlich, zeitweise zutraulich aber immer irgendwie ängstlich. Die sich kratzenden Flohträger gesellen sich gerne mal zu uns und so kommt es sogar vor, das uns ab und zu ein frei herumlaufender Hund in einem respektvollen Abstand bei Fuß begleitet. Die Krönung war allerdings ein Gang auf einen der umliegenden Hügel. Zum Gipfel ging es durch Buschwerk und über eine Koppel auf der ein Pferd stand. Das Pferd hatte sich wohl vorgenommen den Gipfelführer zu machen und so ging es auf verschlungenen Pfaden hinter dem Pferd her bis zur letzten Kletterpartie kurz unter dem Gipfel.
Normalerweise begegnen wir allerdings eher Krabben beim Überqueren der Straße, Massen an Krebsen, die in den Mangroven ihre Löcher graben oder Leguanen in den verschiedensten Größen und den unterschiedlichsten Farben von graubraun bis grünblau leuchtend die im Buschwerk herumstraucheln. Selbstverständlich laufen hier die Hühner frei herum und in verschiedenen Gärten stehen angeleinte oder losgelassene Ziegen vor dem Haus. Auf einigen Feldern weiden Kühe. Einmal wurde am Wegrand vor einem Haus wie zu Großvaters Zeiten ein Schwein geschlachtet. Und von der Uferpromenade aus kann man immer wieder Rochen im Wasser vorbeigleiten sehen.
Der Abend:
Zum Dunkelwerden sind wir eigentlich lieber zurück an Bord, denn dann fangen die Mücken ihr Werk als Plagegeister an. Inselneulinge werden dabei bevorzugt angestochen, aber ein paar Stiche gibt es natürlich auch für die Langansässigen noch.
Nach der Rückkehr von einem unserer nachmittäglichen Ausflüge stellten wir erschreckt fest, daß wir einen ungebetenen und sehr ungeliebten Gast an Bord hatten. Dreist „grinsend“ saß in einer Ecke eine ca. 5- 6 cm große Kakerlake – die erste an Bord. Bis heute ist sie jedem unserer Vernichtungsversuche entgangen.
Mitunter verbringen wir einen Sonnenuntergang gemeinsam mit anderen Seglern bei einem Sundowner oder wir machen es uns auf Gegenwind bei einem Film gemütlich. Wenn kein Wind weht stören uns allerdings Motten oder fliegende Ameisen dabei.
Vor ein paar Wochen entdeckten wir unsere Angelleidenschaft am späten Abend (das erste Mal). Wir hatten die Reste von Hühnchen Beinen als Köder und als wir die Angel ins Wasser hielten biß sofort ein kleiner Redsnapper an, beim zweiten Eintauchen der Angel holten wir einen kleinen Papageifisch heraus und beim dritten Angelwurf holten wir einen 47cm langen Bonito aus dem Wasser. Eigentlich heißt Angeln ja Geduld, aber das war echter Streß, denn die drei Fische waren innerhalb von zehn Minuten an Bord geholt. Das Ausnehmen und fertigmachen dauerte dann allerdings deutlich länger. Unsere Mahlzeiten für die folgenden Tage waren aber gesichert.
Viele Grüße aus der Bahia Santa Catalina, Providencia (Kolumbien)
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind