Auf Providencia, bzw. in der westlichen Karibik herrschen etwas andere Wetterverhältnisse als auf den ca. 1200sm (~2220km) entfernten Windward Islands im Osten der Karibik. In den Sommermonaten um diese Zeit regnet es hier auf Providencia häufiger, die Luftfeuchtigkeit ist deutlich höher (85%), der Himmel bleibt schon mal bedeckt, während der Wind böiger ist und Squalls mit Blitz und Donner immer wieder durchziehen. Manchmal sehen wir die Blitze nur in einiger Entfernung aber dann und wann geht ein Gewittersquall direkt über uns hinweg. Am Mittwochabend, den 15. Juni 2016 zog ein solches kräftiges Blitzen und Donnern direkt über uns dahin, so daß wir sogar unseren Blitzschutz auspackten und ins Wasser hängten. Als Blitzableiter dient uns ein PKW-Starthilfekabel, das wir mit der Klemme am Oberwant befestigen während das lose Ende (die Klemme haben wir abgezwackt) ins Wasser hängt. Die Nacht wurde sehr unruhig, da es immer wieder blitzhell aufzuckte und auch hin und wieder kräftig donnerte. Am Folgetag waren wir entsprechend hundemüde und gingen den Tag karibisch ruhig an. Seitdem benötigten wir unseren Blitzableiter alle paar Tage wieder, da jetzt immer mal wieder das eine oder andere Gewitter über unsere Ankerbucht zieht. Irgendwie ist uns das unbehaglich. Bekannte Segler, die jetzt aus Panama kamen, berichteten von täglichen Gewittern mit ergiebigen Schauern, so daß wir daher beschlossen haben, Panama noch ein wenig auf uns warten zu lassen.
Wir kommen aus den Schauergeschichten gar nicht mehr heraus, denn vor ein paar Tagen, am Dienstagnachmittag, den 21. Juni 2016 überfiel uns ein gemeiner, richtig hinterhältiger Squall, allerdings ohne Gewitter! Wir waren an Bord, unser Dingi schwamm friedlich längsseits und wir bereiteten uns auf einen netten Abend bei einem unserer Schweizer Nachbarn vor, denn wir waren zum Abendessen eingeladen!
Plötzlich wurde es dunkel und der Wind frischte von jetzt auf gleich kräftig auf, so daß wir erschreckt hochfuhren. Wir eilten aus dem Salon ins Cockpit und banden unser Dingi zum Schutz vor Wind und Wellen hinter Gegenwind fest. Wir zurrten noch die eine oder andere schlagende Leine stramm und holten unsere Handtücher, die sich nur noch mit letzter Kraft an der Reling festhielten rein, um dann das Schauspiel aus dem sicheren Cockpit zu verfolgen. Aber auf einmal fegte der Wind unter unser Schlauchboot und hob es samt Motor in die Luft, um es im nächsten Augenblick kopfüber aufs Wasser zu werfen. Unser Schreck war groß aber ohne Zögern zerrten wir unser Dingi wieder richtig herum und befestigten es diesmal ganz dicht, ohne Abstand an Gegenwinds Heck – so ging es!
Über den Ankerplatz fegte ein Squall mit um die 40kn Wind (Windstärke 8 -9). Nun warteten wir ab, beobachteten den Windmesser weiter, schauten auf unsere Peilungen, ob die Anker auch hielten – sie taten es!
Nach kurzer Zeit war der Spuk wieder vorübergezogen und wir mußten uns erst einmal um den Außenborder von unserem Dingi kümmern, denn der lag ja, wenn auch nur kurz, kopfüber mit dem Dingi im Wasser, so daß Salzwasser in den Motor (Luftansaugung, Brennraum, Tank und Vergaser) eindringen konnte. Wenn Salzwasser in den Motor kommt, fängt der an zu korrodieren und schlimmer noch, denn wenn das Salzwasser nicht schnellstens entfernt wird kann der Motor beim Starten zerstört werden. So stellten wir also den Motor ins Cockpit, ließen das Benzin ab und demontierten ihn komplett um ihn mit Süßwasser zu spülen und die Einzelteile zu reinigen und zu trocknen. Zusätzlich machten wir einen Ölwechsel, damit kein Salzwasser im Öl blieb. Anschließend montierten wir alles wieder – es blieb nicht einmal eine Schraube übrig ;-). Zwischenzeitlich sagten wir das geplante Abendessen bei unseren Nachbarn per UKW-Funk ab. Sie hatten vollstes Verständnis und fragten uns sofort ob wir Hilfe benötigten – super nett! Außerdem kam ein anderer Nachbar herangefahren und bot ebenfalls seine Hilfe an – Klasse Gemeinschaft!
Kurz vor dem Dunkelwerden war es dann so weit – der Außenbordmotor war wieder zusammengesetzt und hing an unserem Dingi. Damit waren wir bereit für die Probefahrt.
Nach vier Versuchen sprang er tatsächlich wieder an und so drehten wir eine Proberunde durchs Ankerfeld. Das ging ja wohl noch mal gut!
Die Unterstützung unter Seglern ist schon toll, denn auch am Folgetag wurden wir von anderen Nachbarn gefragt ob alles in Ordnung sei oder wir deren Hilfe benötigten.
Viele Grüße aus der Bahia Santa Catalina, Providencia (Kolumbien)
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind