Szenen aus Kolumbien

Das ist eine Lieferung Drogen die nicht auf den Markt kommt

Das ist eine Lieferung Drogen die nicht auf den Markt kommt

Datum: Dienstag, 30.Mai 2017 Tumaco, Kolumbien

Wie wir zu unserem Dieselnachschub kamen
Einer unserer Gründe Tumaco anzulaufen war unser sich neigender Dieselvorrat, da wir ja die meiste Zeit unter Motor unterwegs waren. Also fragten wir Gonzalo, wo man am besten Diesel bekommt. Das ist gar nicht so einfach, denn es gibt nur einen Platz, der zwar mehrere Tankstellen hat, aber zum einen hat nicht jede Tankstelle jederzeit Diesel und zum anderen befinden sich die Tankstellen vor der Stadt. Kolumbien importiert Diesel aus Ecuador und somit ist Diesel deutlich teurer als Benzin, das für die meisten Zwecke verwendet wird. So bot uns Gonzalo kurzerhand an mit seinem Fahrer am Dienstag den 23. Mai 2017 um 09:00 Uhr zur Tankstelle zu fahren und unsere Kanister zu füllen. Helge unternahm den Ausflug. Zuerst mußte er allerdings kurz zur Bank um die nötigen Peso abzuholen. Der Fahrer wartete vor der Bank mit der Pistole auf dem Beifahrersitz, als würde sich der Bankbesuch um einen Geldtransport handeln – aber eigentlich war es ganz normal wie überall, so jedenfalls Helges Gefühl. Dann ging es weiter in Richtung Tankstelle. Der Weg durch die Stadt führte durch ein ehemaliges Farc-Gebiet, wo der Fahrer dann erklärte, das es bis vor fünf Jahren hier sehr gefährlich war, aber heute ist es ruhig. Wir mußten stoppen, denn vor uns zog eine Demonstration vorbei – die Lehrer der öffentlichen Schulen demonstrierten für mehr Gehalt. Nach einiger Wartezeit ging es endlich zur Tankstelle. Die Dieselkanister wurden gefüllt und im Anschluß wurde Helge wieder zurück zum Dingi gebracht, wo „unser“ Wachsoldat, eigentlich der Wachsoldat für den Coast Guard Steg, kräftig anpackte und Helge bei der Verladung der Kanister half. Übrigens hatten die beiden anderen Schiffe, die hier ankerten ebenfalls vorgehabt ihren Dieselvorrat aufzufüllen, allerdings erwarteten sie eine tolle Bootstankstelle, denn sie hatten keine Kanister und waren anscheinend auch nicht auf eine Situation in so abgelegenen Winkeln der Welt vorbereitet. Es reichen also nicht immer tolle Sprüche und ein großer Geldbeutel. Der Agent und das Kolumbianische Militär mußten sich etwas für die beiden einfallen lassen um sie zu betanken. Aber bei der Hilfsbereitschaft der Kolumbianer hat es trotzdem geklappt und das sogar frei Haus. Im Anschluß an die Tankaktion verließen die beiden Tumaco.

In Rauch aufgegangen
Tumaco ist einer der wichtigen Kokain Plätze, so daß wir hier inmitten der Drogenlabore und der Drogentransportwege sitzen. Labore befinden sich in Massen im umgebenden Dschungel und wohl auch ein paar in der Stadt selbst. Ein jedes dieser Labore produziert pro Woche eine Tonne Kokain. So ist das Militär gut damit beschäftigt die Fahrzeuge und die Labore hochzunehmen. Übrigens die Wehrpflichtigen Soldaten haben ein Alter von 16 bis 20 Jahren.
Damit das Zeug dann nicht wieder in den Umlauf kommt wird es ordentlich verbrannt, so daß wir inzwischen an zwei Abenden in der Coast Guard Station (ca. dreihundert Meter von Gegenwind entfernt) solche Feuer „genießen“ konnten. Einmal waren es um die 3 Tonnen und beim zweiten Mal waren es um die 1,8 Tonnen Kokain die in Rauch aufgingen. Das Zeug wäre wohl sonst in die USA oder nach Europa gegangen. Erstaunlich finden wir es allerdings, das Kolumbien neben Kuba bisher das einzige Land in der Karibik/ im Pazifik ist in dem Helge keinen „Stoff“ angeboten bekommen hat.

Verdriftet
Unser Ankerplatz ist nicht ganz ohne! Das erfuhren wir, als wir bei unserer Ankunft die ersten Ankerversuche unternahmen. Der Grund ist steinig und damit eigentlich ungeeignet zum Ankern, aber es ist der einzige Ankerplatz in Tumaco. So hatten wir bisher immer gehofft, das unser Anker schon irgendwie an einem Geröllklumpen hält und das tat er auch bis zum Donnerstagabend, dem 25. Mai 2017. Der Gezeitenstrom zerrte mit einer geschätzten Geschwindigkeit von 2-3 Knoten kräftig an Gegenwind und zusätzlich ruckelte eine mäßige Brise in Gegenwinds Rigg. Das war wohl zu viel für unseren Anker und er ließ den Stein an dem er sich festgeklammert hatte los. Wir bemerkten erst gar nichts, denn es war ja natürlich schon dunkel und wir hatten einen Film auf unserem Computer laufen. Irgendwann fiel uns aber doch das ungewöhnliche Klappern und Poltern der Ankerkette auf, denn das hört man im ganzen Schiff und so guckten wir etwas verdutzt aus dem Luk, als wir denn nahe der Fahrwassertonne und weit weg von unserem „Aufpassersteg“ waren. Gegenwinds Anker hatte sich inzwischen wieder etwas zum Festhalten gesucht und so schauten wir ob wir die Nacht in dieser etwas entfernten Lage verbringen wollten, denn im Dunkeln und bei kräftigem Strom noch Ankermanöver zu fahren erschien uns nicht so verführerisch. Wir schalteten unsere elektronischen Ankerüberwachungssysteme (Kartenplotter und GPS sowie den Wassertiefenalarm) ein und verbrachten eine unruhige Nacht, da wir immer wieder einmal aufstanden um nachzuschauen ob noch alles paßte. Am kommenden Morgen, wir hatten unser Funkgerät gerade wieder eingeschaltet und saßen beim Frühstück um für unser Ankermanöver beim Gezeitenwechsel gut gestärkt zu sein, kam die Meldung vom Tower „Tumaco Control“: Ihr seid vertrieben, bitte kommt wieder zurück an Euren ursprünglichen Ankerplatz.“ Um 09:00 Uhr starteten wir mit dem Umankern zu unserem ursprünglichen Platz. Leider fanden wir den kleinen Stein nicht mehr, der Gegenwinds Anker beim ersten Mal gehalten hatte und so brauchten wir knappe eineinhalb Stunden bis der Anker wieder irgendwo fest hängenblieb. Es hatte uns sechs Versuche gekostet, bei denen der 16kg schwere Anker und zwischen 30 und 50 Meter Kette jedes Mal wieder von Hand (Handankerwinde) eingeholt werden mußten. Dabei kamen mehrere T-Shirts mit dem Anker herauf an die Wasseroberfläche und einiges undefinierbares Plastikzeug, bis wir endlich wieder irgendwie fest waren!

Die kolumbianische Freundlichkeit
Es ist kaum zu beschreiben, wie freundlich und hilfsbereit wir hier in Tumaco aufgenommen werden! Jeder Uniformierte springt herbei und versucht zu helfen, wenn wir eine Frage haben oder wenn wir irgendwo mal an einer Hörde hängenbleiben, egal ob wir sein spanisch verstehen oder wir englisch sprechen. Beim Landgang dürfen wir unser Dingi ungeniert an einem Marineboot festmachen und meist reichen uns die Wachsoldaten ihre Hände um uns unsere Sachen abzunehmen und uns sicher auf den Steg zu geleiten. In der Stadt fragten wir nach dem Weg zum Bus und eine alte Dame war fast beleidigt als ein Polizist ihr das Wort wegnahm und uns an ihrer Stelle die Beschreibung gab. Die Menschen im Ort hatten uns fast mit ihrer Freundlichkeit überfordert, denn bei unserem Spaziergang ins Stadtzentrum wurden wir unzählige Male angesprochen und mit riesiger Begeisterung freuten sich die Leute wenn wir wenigstens Namen und Herkunft austauschen konnten oder sie uns irgendetwas erklären durften – das sollte mal einer in Deutschland erleben. Wir können Kolumbien als Urlaubsziel nur empfehlen, besonders für Leute die offen sind und keine Angst haben mal in ein Gespräch verwickelt zu werden!

Unser Termin zur Weiterfahrt steht endlich
Wie so oft wollten wir eigentlich nur einen ganz kurzen Zwischenstopp in Tumaco machen, aber das liebe Wetter spielte nicht so mit, wie wir es erhofft hatten. Tumaco hat durchschnittlich 28-33°C um diese Jahreszeit, ist meist bedeckt, der Wind weht jetzt aus südwestlichen Richtungen und es ist feuchtwarm und drückend, also für uns sehr anstrengend.
Jetzt paßt das Wetter für die kommenden Tage. Schwacher Wind von vorne ist vorhergesagt, also gutes Motorbootwetter das wir nutzen wollen. Gegenwind ist wieder Seefertig gestaut und morgen Früh, Mittwoch den 31. Mai 2017 wollen wir den Anker aufholen! Schauen wir also mal.

Viele Grüße aus Tumaco, Kolumbien
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind

PS: Bilder zu den letzten Beiträgen (seit Verlassen Panamas) folgen sobald wir wieder einen guten Internetzugang haben.

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