Was uns zurzeit bleibt sind Kleinigkeiten, denn wir sitzen inzwischen schon wieder eine Ewigkeit an Bord fest, so daß uns die Tage schon durcheinander geraten.
Das Wetter ist mies, denn vor der nordaustralischen Küste, im Golf von Carpentaria, braut sich ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen zusammen. Es ist halt ein La-Niňa Jahr. Das bringt uns jetzt starken Wind aus westnordwestlichen Richtungen genau auf unseren Ankerplatz mit unangenehmen Wellen und das teilweise sehr feuchtdrückend. Für uns bedeutet es, daß wir es nicht an Land schaffen und somit versuchen wir die Zeit einfach nur zu überstehen – flach auf den Boden legen und abwarten ist die Devise. Wir vertreiben uns dabei die Zeit mit lesen – leider viel zu häufig Corona- Nachrichten und kleinen Reparaturen. Bei den Reparaturen funktionieren meist nur Dinge, die wir einfach mal so in die Hand nehmen können um sie beiseite zu legen, wenn wir uns zu angespannt festhalten müssen. Gedankenlos Werkzeuge einfach mal so liegen lassen ist nicht angesagt, denn die fliegen, kullern oder poltern davon. Aber immerhin nimmt die Gestaltung von ein paar Shorts langsam Form an und auch ein paar schadhafte Stellen an der Baumpersenning sowie an unserem Cockpitschutz sind ausgebessert. Auch für unsere neue Gasflasche haben wir nun den neuen Adapter montiert und den Gasherd von 50mbar auf 30mbar umgerüstet. Zum Glück hatten wir uns die Ersatzteile dafür vor ein paar Jahren mal nach Tahiti schicken lassen und hier in Timor-Leste haben wir tatsächlich das erste Mal auf der ganzen Reise Gasflaschen gefunden, die wie die deutschen 5kg Gasflaschen in unser Gasfach passen. Die erste unserer beiden deutschen 5kg Flaschen ist hier nun auf den Schrott gewandert und die zweite wird demnächst folgen.
Unsere Tageshöhepunkte sind das Essen. Bei der langen Zeit an Bord backt Asha unser Brot selber, denn gekauftes, gelagertes Brot hält sich nur wenige Tage bevor es schimmelig wird. So gibt es bordeigenes Bananenbrot, dazu ist es nur wichtig immer ein paar Gläser eingemachte Bananen vorrätig zu haben. Während zwei Bananenbrote im Ofen backen können wir gleichzeitig unser Mittagessen – Bordpizza, Ofenkartoffeln oder einen Auflauf auf der untersten Schiene gassparend mitbacken. Wir genießen aber auch gerne unser selbstangerührtes Chili-con-Carne, arme Ritter, Käsespätzle, Kaiserschmarrn oder auch ein Kürbisgericht. Frischer Kürbis hält sich übrigens selbst unter den hiesigen feuchtheißen, tropischen Bedingungen wochenlang. In den Abendstunden knabbern wir unser Obst – wobei die meisten lokalen Früchte nicht lange lagern können ohne zu schimmeln und wir daher für lange Bordzeiten auf importierte Äpfel und Orangen zurückgreifen. Zu unserem abendlichen Obstteller kommen allerdings auch vielfach ein paar Möhren, wobei da die lokalen, meist schrumpeligen Dinger viel besser und aromatischer schmecken als die fotogen glänzende Importware die hauptsächlich wässrig schmeckt.
Am Nachmittag des 06. Februar 2021 erlebten wir bisher den heftigsten Tag an Bord mit einer Böenwalze, die mit Windstärke acht über uns herfiel. Wir starteten den Motor um das Ankergeschirr etwas zu entlasten, während bei unserer Polizeistation ein Dach der Werkstatt einfach abhob und sich auf und davon machte. Unser Anker hielt und so beruhigte sich der Spuk nach einer knappen Stunde wieder. Als unsere Navigationselektronik dabei hochgefahren war, hatte sich das ganze schon wieder ordentlich beruhigt, wobei unser Windmesser dann nur noch gute 33kn Wind anzeigte.
Wenn wir jetzt aber schon über unseren Ankerplatz jammern, dann wollen wir auch noch einmal erwähnen, daß wir seit einigen Wochen, seitdem der Wind aus westlichen Richtungen weht, wir uns immer wieder mit Nachtwachen quälen. Die Polizei hat direkt neben unserem Ankerplatz eine Mooring, an der seit einiger Zeit eines ihrer kleinen Polizeiboote liegt. Soweit ist alles in Ordnung und bei kräftigen Winden liegt unser Heck ca. 20-25m von der Mooringboje entfernt. Allerdings läßt der Wind in den Abend-/ Nachtstunden in der Regel nach und das Polizeiboot fängt an wie wild Kreise um die Boje zu drehen, während Gegenwind ohne Wind einfach müde über ihrer Kette liegen bleibt. So kommt uns das Polizeiboot in den Nachtstunden, meist gegen Mitternacht, teilweise zum Kuscheln nahe. Das bedeutet für uns aufpassen und in einigen Nächten müssen wir den Motor starten und Gegenwinds Kette über den Grund etwas weiter weg ziehen. Warum ankern wir denn nicht einfach ein paar Meter weiter weg. Wenn das doch nur so einfach wäre – zum einen ist der Ankergrund voll mit irgendwelchem Schrott, den wir hier inzwischen in Gedanken schon so einigermaßen eingeordnet haben und zum anderen ist der Platz ziemlich begrenzt, denn bei Winddrehern brauchen wir auch genug Platz in die andere Richtung. Bei 17 Metern Wassertiefe nutzen wir 50m Ankerkette und brauchen damit einen Drehradius von ca. 50m für unseren Ankerbereich und das ist mit ein paar Mooringplätzen für Motorboote sowie Riffen vor und hinter uns überall eng. Außerdem spricht ein ganz wesentlicher Punkt für unser Ausharren: Bei unserem jetzigen Ankerplatz wissen wir aus Erfahrung, das der Anker auch bei starken und stürmischen Winden aus den verschiedenen Richtungen hält und das wollen wir nicht aufs Spiel setzten – das Grundeisen ist nach der langen Zeit hier schön fest eingegraben. Und so gehen wir halt bei einigen Wetterlagen unsere Nachtwachen und jammern darüber.
Viele Grüße aus Dili, Timor-Leste und bleibt gesund!
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind