In der AoPo Grand Marina angekommen waren wir total erschöpft und ausgelaugt von der Havarie. Außerdem merkten wir auch die Anstrengung von dem Segeltörn von Timor-Leste bis Phuket, der Quarantäne und der gefühlt unendlichen Corona-Zwangspause an dem anstrengenden Ankerplatz vor Dili. Das kam jetzt alles auf einmal an die Oberfläche.
Aber das Notwendigste mußten wir doch angehen.
Nachdem wir sicher waren, das Gegenwind durch die Fahrt vom Riff bis zur AoPo Grand Marina immer noch kein Wasser nahm, bestand unsere erste Maßnahme darin, eine ausgiebige Dusche zu nehmen. Die Damen im Marina-Office zeigten dafür vollstes Verständnis und so folgte das Einchecken in die Marina erst später. Die Dusche war eine echte Wohltat nach gut zwei Monaten ohne auch nur die geringste Chance für solch einen Luxus.
Anschließend meldeten wir uns bei David, unserem Agenten als sicher im Hafen angekommen. Unsere Einklarierungspapiere und Visastempel in den Pässen wollte er uns in ein paar Tagen zukommen lassen – das war dann der wirklich unkomplizierteste Teil unserer Einreise nach Thailand.
An den folgenden Tagen inspizierten wir Gegenwind auf Schäden an ihrer Struktur, wir nahmen Bodenbretter hoch, krochen in die letzten Winkel um nach Rissen oder anderen Schäden im Schiff zu suchen, räumten Schapps und Schränke aus, öffneten Tanks um auch in den letzten Ecken nach Schäden zu suchen. Wir fanden zum Glück keine Schäden – Gegenwind ist halt doch ein gutes, altes, stabiles deutsches Mädchen.
So beschlossen wir doch nicht die erste beste Werft, die noch dazu am Ende der Welt liegt und zudem auch ziemlich teuer ist, zu nehmen, sondern uns auch andere auf Phuket ansässige Yachtwerften anzusehen und erst dann zu entscheiden wo wir an Land gehen werden.
Die AoPo-Grand Marina haben wir als Charterbasis und Liegeplatz für Superyachten mit einer angegliederten Hotelanlage erlebt. Die ganze Anlage war wie ausgestorben – Corona halt. Etliche der Superyachten die hier lagen wurden jeden Tag von Bediensteten, die wie die Ameisen wuselten, von oben bis unten geschrubbt und gereinigt.
Wir lernten allerdings doch noch zwei Seglercrews kennen, die sich genau wie wir in die Marina verirrt hatten aber die waren nach kurzer Zeit wieder weg.
Auch die zu Fuß erreichbare Umgebung bot nicht viel, ein paar Häuser und ein kleines sehr einfaches aber sauberes und günstiges Restaurant, das wir zum Mittag gerne aufsuchten und so den ersten Eindruck von der thailändischen Küche bekamen. Es gibt viel Reis und zur Abwechslung vielleicht mal ein paar (Reis-)Nudeln. Die Würzungen waren ungewohnt für unseren Geschmack aber unsere Mahlzeiten waren überaschenderweise bisher immer „nicht scharf“. Mit dem Volumen haben wir allerdings so unsere Probleme, denn was für die hiesigen Menschen eine volle Mahlzeit ist, empfinden wir eher als sehr wenig. Wir essen nicht alle paar Stunden etwas, so wie die Menschen hier, so daß sich auch die kleineren thailändischen Portionen erklären, sondern wir halten uns immer noch an die uns bekannten drei Mahlzeiten am Tag.
Der Supermarkt war etwas weiter entfernt von der Marina und bot nur ein sehr begrenztes Sortiment. Eineinhalb Stunden Fußmarsch mußten wir auf uns nehmen und das entlang der Landstraße auf dem Grünstreifen, immer mit dem Blick auf die vorbeidüsenden Autos und Motorroller, wobei die Motorroller hin und wieder auf der falschen Fahrbahnseite fuhren. Dazu kamen über 30°C im Schatten und eine Luftfeuchtigkeit, die es fast einfacher gemacht hätte die Luft zu schneiden und herunter zu schlucken als zu atmen. Wir kamen allerdings auch an einigen kleinen, bunten, nett anzusehenden Schreinen vorbei.
Insgesamt kein lohnendes Highlight unserer Reise aber immerhin ein neuer Platz in einem neuen Land und ein Stück weiter für uns.
Interessante Gesellschaft hatten wir an unserem Stegliegeplatz. Die Fische, die um den Steg und um Gegenwind schwammen, wollten mit uns kommunizieren. Wer sagt, das Fische dumm sind, der irrt sich gewaltig. Zuerst wunderten wir uns woher wir naß wurden, wenn wir uns über die Reling beugten. Dann aber erkannten wir, das die Fische, die um Gegenwind schwammen, stehen blieben und sich in unsere Richtung ausrichteten und uns gezielt mit einem enormen Wasserstrahl anspien. Wir warfen ein paar Kekskrümel ins Wasser und sie vertilgten sie, bis keine mehr da waren und dann begannen sie wieder mit dem Wasserspeien. Wir fragten uns, ob die Fische wohl auch aus der Hand fressen würden und so begaben wir uns mit einer Kekskrümeltüte auf den Steg und hielten Krümel ins Wasser. Es dauerte nicht lange und die Tiere schnappten sich die Krümel aus unseren Fingern. Sobald wir mit dem Füttern aufhörten und aufstanden, stellte sich die ganze Gruppe wieder vor uns auf und beobachtete uns. Einige spritzen uns auch wieder naß, immer gezielt ins Gesicht. Andere hatten nun ein interessanteres Ziel, nämlich die Kekskrümeltüte und das solange bis wir wieder ein paar Krümel herausrückten oder aus deren Reichweite verschwanden.
Am Dienstag, den 19.Oktober 2021 hatten wir ein Auto gemietet, um uns die verschiedenen Yachtwerften anzusehen und Angebote einzuholen.
Der Linksverkehr fühlte sich durch unsere Gewöhnung über die letzten Jahre seit Australien ganz normal an aber das Autofahren selbst war nach so langer Abstinenz doch wieder gewöhnungsbedürftig und erst recht die Geschwindigkeit mit dem Auto, die wir so ja gar nicht mehr gewohnt sind. Es scheint aber, daß es mit dem Autofahren wie mit dem Fahrradfahren ist, das verlernt man nicht.
Die Tage vergingen und irgendwie stellte sich bei uns keine Erholung ein, die Temperaturen und die hohe Luftfeuchtigkeit ließen uns sehr langsam werden und es erschöpfte uns sehr schnell. Wir machten nur das aller Nötigste. So kommen auch unsere Bolg-Beiträge einfach super zeitverzögert und selbst unsere gesamte Kommunikation ist immer noch ein Opfer unserer Erschöpfung.
Inzwischen hatten wir uns für eine Yachtwerft, die Royal Phuket Marina entschieden. Um unsere Müdigkeit zu überlisten, hatten wir den Termin kurzfristig für Samstag, den 23. Oktober 2021 vereinbart. Das ging sogar trotz Feiertag.
Viele Grüße aus der Royal Phuket Marina, Thailand
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind