Unsere Zeit auf Fuerteventura ist abgelaufen, wir haben uns sehr viel mit unserem nächsten Lebensabschnitt beschäftigt, etliche Formalitäten dazu angestoßen und wir haben uns intensiv mit unserer Rückkehr nach Deutschland beschäftigt. Wer glaubt das ist einfach, der kennt Deutschland nicht. Eine interessante Erkenntnis lacht uns dabei massiv entgegen „Der Hauptmann von Köpenick“. Kaum zu glauben aber der Hintergrund dieser Geschichte ist auch im modernen Deutschland noch aktuell.
Nun sind wir aber auf See, um von unseren theoretischen Vorbereitungen für eine Rückkehr in die Praxis überzugehen.
Während der vergangenen Wochen haben wir GEGENWIND und uns wieder seefertig gemacht. Dazu galt es, den Bewuchs vom Unterwasserschiff zu entfernen, das dank der vielen Fische, die täglich daran herum geknabbert haben, recht zügig ging. Außerdem inspizierte Helge den Motor und wir checkten Mast und Rigg von unten bis ganz oben. Asha kümmerte sich um unsere Vorräte und dann ging es ans Aufräumen, sowie seefest stauen. Es ist jedes Mal wieder aufregend, unser Heim aufs Auslaufen vorzubereiten und es ist kaum zu glauben, wieviel dabei anfällt. Diesmal wollte uns unser Wassertank ärgern. Wir hatten ihn hier so schön sauber gemacht und nun lief er beim vollständigen Füllen einfach durch eine undichte Dichtung im Inspektionsdeckel aus und füllte GEGENWINDS Bilge. Da half alles nichts, der Tisch, die darunter verstauten Wasserkanister und die Fußbodenbretter mußten raus und das am Abend vor unserem Ablegen. Zumindest konnten wir die undichte Dichtung mit Bordmitteln reparieren.
Am Sonntag, den 19. Mai 2024 war es soweit, wir nahmen Abschied von unseren Freunden und wuselten wie wild an den letzten Vorbereitungen, wie dem Anschlagen der Segel, Wettervorhersagen, den letzten Infomails, den letzten frei herumfliegenden Teilen, die ihren Platz noch suchten und dann wollten wir die Leinen lösen. Viel zu spät natürlich für den vorhergesagten Wind. Wir wollten die Nordspitze Fuerteventuras runden und dazu hätten wir früh starten müssen, nun aber herrschten 4-5 Windstärken genau gegen an. Das war uns zu viel, so daß wir nach einer längeren Diskussion beschlossen, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, sondern als Alternative um die Südspitze Fuerteventuras mit dem Wind im Rücken auszulaufen.
So lösten wir nach einem kurzen Mittagessen – von Asha vorbereiteter Kaiserschmarrn – unsere Leinen.
Erstaunlich, wie einfach wir doch trotz unserer langen Hafenzeit die Seeroutine wieder umsetzen konnten – das ist wohl wie Fahrradfahren, das verlernt man ja auch nicht.
Wir wollten nach Norden, das bedeutete, das die vorherrschenden Winde uns entgegen bliesen, so daß wir lange Kreuzschläge einplanen mußten (im Zickzack gegen den Wind). Nach so langer Zeit auf der Passatroute war das mal eine neue Erfahrung für uns, die wir schon lange nicht mehr angewendet haben. Auch segelten wir dieses Stück ohne tägliche Wettervorhersage und ohne täglich in unseren Blog zu posten, da wir noch keinen neuen Satellitenanschluß haben. Aber vor der modernen Technik sind Segler ja auch ohne Kommunikation und aktuellen Wetterbericht auf See zurecht gekommen.
Die erste Nacht verlief ruhig, wir konnten unseren Wachrhythmus aufnehmen und ein recht ordentliches Segelstückchen zurücklegen. Unser erster Kreuzschlag führte uns Richtung Nordwest.
Das Wetter war dafür am ersten Tag sogar fast gemütlich, leicht bedeckt, 23,4°C warm im Schiff, obwohl es sich echt kalt anfühlte und sich nur mit dickem Pullover, langer Hose und Socken aushalten ließ. Die Wassertemperatur betrug 20,5°C, die See war ruhig, mit nur kleinen Wellen, aber es schwamm einiges an Sargassokraut um uns herum. Das hätten wir hier nicht erwartet.
Nach dem ersten Tag auf See segelten wir jetzt mit Kurs 300° und einer Geschwindigkeit von derzeit 3,5kn. Um 14:30 Uhr befanden wir uns auf Position N28°44,553′ W015°32,152′ unter vollem Großsegel und unserer kleinen Genua. Damit hatten wir eine Strecke von 99 Seemeilen zurückgelegt.
Viele Grüße von der GEGENWIND
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind