Nach unserer Ankunft auf Porto Santo fingen wir an, unsere anspruchsvolle „to do“ Liste anzugehen und das obwohl uns der Ort doch zur Gemütlichkeit einlud.
Wir erwarteten einige Post aus Deutschland für ein paar Amtsbesuche. Dazu mußten wir erst einmal herausfinden welche Behörde in Deutschland uns das richtige Formular für das hiesige Amt zusenden konnte. Dabei kam uns spontan Asterix bei den Römern in den Sinn, „Das Haus das Verrückte macht“. Das war dabei definitiv auch hier zutreffend. Trotzdem, oder gerade deshalb wollen wir auf jeden Fall betonen, daß die Mitarbeiter in den deutschen Ämtern super bemüht waren, uns bei der Umsetzung unserer Anfragen zu helfen und anders als es in vielen Kommentaren dargestellt wird, die eine oder andere Extrameile dabei zurücklegten und das nur für uns – Hut ab und vielen Dank!
Die zweite große Baustelle, die wir hier angehen wollten, war die Überarbeitung von GEGENWINDs Unterwasserschiff. Dazu mußten wir einen Werfttermin und Unterwasserfarbe organisieren. Eigentlich hatten wir für Porto Santo einen drei bis vierwöchigen Aufenthalt geplant, so daß uns auch für die Werft genug Spielraum bleiben sollte. Dabei hatten wir aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn bei unseren ersten Anfragen hieß es „Da müssen wir mal sehen ob das noch klappt, denn der Kranfahrer geht für eineinhalb Monate in den Urlaub.“
Da haben wir ganz schön geschnaubt, denn nach etwa zweieinhalb Jahren im Wasser wollten wir den Unterwasseranstrich doch dringend überholen, damit wir für die kommenden etwas mehr als 2500 Seemeilen, die nun vor unserem Bug liegen wieder Ruhe vor dem ständigen Kratzen haben. Außerdem führt uns unser Weg ins Kalte und das ist zum stundenlangen Baden um das Unterwasserschiff freizukratzen trotz Neoprenanzug definitiv kein Vergnügen.
Nach einigem Hin und Her hieß es dann für uns ganz spontan ihr könnt heute, in etwa einer Stunde an Land. Ufffff – zum Glück bot uns Batista, der Hafenmeister, eine Alternative an, die drei Tage später, am Montag um 10:00 Uhr möglich war. Gleichzeitig fragte er uns aber auch, ob wir dann bis Donnerstag oder Freitag fertig würden, oder ob wir erst ab Mitte Juli wieder ins Wasser wollten und so lange, bis der Kranfahrer aus seinem Urlaub zurück kommen sollte, an Land stehen bleiben wollten. Die Antwort war ganz klar für uns: „ Wir wollten am Montag raus und spätestens am Freitag wieder zurück ins Wasser!“ Wie wir das schaffen wollten, war uns noch nicht ganz klar, aber wenn dann so!
Farbe konnten wir zum Glück bei Batista bekommen, denn da kam regelmäßig Nachschub von der Hauptinsel Madeira herüber. Wir hatten sogar Glück und bekamen über Batista einen Topf von einem anderen Segler, der zu viel bestellt hatte – das paßte.
Das, was nicht paßte, war der Termin am Montag, denn der mußte verschoben werden auf Dienstag. Da standen uns schon die Schweißperlen auf der Stirn, denn das Zeitfenster für die Arbeiten am Unterwasserschiff wurde damit kleiner, denn der Termin am Freitag war die letzte Möglichkeit, um nicht ewig an Land stehen zu bleiben.
Am Dienstag, den 4. Juni 2024 um 10:50 Uhr wurden wir schließlich bei Hochwasser mit dem Travellift aus dem Wasser gehoben. Das Herausheben bei dem im Hafen vorhandenen Schwell war schon spannend. Zuerst wurde ein Gurt um GEGNWINDs Bauch am Bug stramm gezogen und wir wurden damit ein kleines Stück angehoben, dann kam der zweite Gurt dran, um anschließend schnell angehoben zu werden, damit wir nicht mitsamt dem Lift durch die Wellen ins Pendeln gerieten. Die Leinencrew an Land mußte gut zupacken.
Wir kamen sicher an Land und GEGENWIND wurde auf die Lagerböcke gestellt. Nun war es an uns, sie abzuspritzen, den Bewuchs, vor allem Kalkablagerungen zu entfernen, sie anzuschleifen und sie ein wenig, so gut es in der kurzen Zeit halt ging, trocknen zu lassen. Zu allem Überfluß war für Donnerstag noch heftiger Regen angesagt.
Wir kratzten und schliffen im Akkord und konnten so tatsächlich am Donnerstagmorgen anfangen die Unterwasserfarbe auf einen sauberen Untergrund aufzutragen. Sogar das Wetter hatte ein Einsehen mit uns und ließ uns mit dem Anstrich, eine komplette Runde, sowie die exponierten Stellen mit einer zweiten Schicht, und dem Anbringen der neuen Anoden fertig werden, bevor der Regen begann.
Wir waren so intensiv am Arbeiten, daß wir davon nicht einmal Bilder gemacht haben – das erste Mal in all den Jahren, daß wir dafür nicht einmal einen Gedanken übrig hatten.
Am Freitag, den 5. Juni 2024 wurde GEGENWIND am Vormittag in den Kran gehängt, damit wir die Stellen auf denen sie Stand noch malen konnten und kurz nach 14:00 Uhr brachte der Travellift sie wieder zum Wasser.
Der Schwell im Liftbereich war doch beachtlich, wir schätzen ihn auf etwa 30-40cm und da sollten wir hinein. Die Liftcrew stand an den Leinen bereit, wir wurden an Bord von GEGENWIND gelassen und dann ging es abwärts. Zuerst ging GEGENWINDs Bug ins Wasser und das Heck blieb stramm im Gurt, so daß Helge die Ventile checken und den Motor starten konnte, während Asha damit beschäftigt war, hier und dort auf Abstand zu achten. Als alles an Bord fertig war, wurden wir sehr schnell komplett ins Wasser abgelassen und bekamen den Befehl „Vollgas“. An den gefährlichen Ecken der Liftrampe standen noch ein paar Segler mit Fendern bereit, um im Notfall nochmal abzuhalten. Aber das war zum Glück nicht nötig, denn GEGENWINDs Motor war kräftig genug, um uns mit Schwung gegen den Schwell aus der Mausefalle herauszubewegen. Das war wohl unser Rekordwerftaufenthalt – nur vier Tage für einen schönen neuen Unterwasseranstrich.
Auch mit unserem Liegeplatz hatten wir jetzt tatsächlich noch Glück, denn die Hafenmeistercrew bot uns einen Platz zwischen den kleineren Motorbooten an, der gerade frei war und den wir zumindest erst einmal nutzen konnten. Wir paßten von der Breite her auch gerade hinein, während GEGENWINDs Heck doch ein wenig daraus heraus ragte.
Damit hatten wir den ersten Teil der Vorbereitungen für die kommenden gut 2500 vor unserem Bug liegenden Seemeilen abgeschlossen.
Jetzt warten wir noch auf Post mit einigen Aktionen, die daraus für uns noch folgen und ganz besonders freuen wir uns auf ein super spannendes Event, das wir planen, bevor wir die Leinen lösen.
Viele Grüße aus Porto Santo, Madeira-Archipel
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind