Die Hurrikansaison naht und wir wollen uns vorher noch einige andere Inseln ansehen, also wurde es langsam Zeit ein Stückchen weiter zu segeln!
Am Donnerstag, den 21.May 2015 lichteten wir unseren Anker in der Rodney Bay vor Saint Lucia und segelten mit dem zweiten Reff im Großsegel und Genua III in Richtung Süden. Zum Wetter brauchen wir eigentlich nicht viel sagen, denn es ist fast jeden Tag identisch: sonnig und Windstärke 4 bis 5 aus Ost.
Diesmal wollten wir bei unserem Karibiksegeln etwas Neues probieren: eine Nachtfahrt! Also verließen wir unseren Ankerplatz erst kurz nach sieben Uhr in den Abendstunden. Es war schon fast Stockdunkel. Die Shogun mit der wir viel gemeinsam unternehmen segelte ein paar Stunden vor uns los, leider verloren wir nach kurzer Zeit den Kontakt.
Als wir dann später gemütlich dahinsegelten, stellten wir fest, das wir auf der Stelle standen, denn die Strömung kam uns mit ca. 3-4 Knoten entgegen. Nach kurzem probieren von verschiedenen Segelstellungen und dem Ärgernis des böigen Windes hinter den hohen Bergen von Saint Lucia, den beiden Pitons, 760 & 790m hoch, stellten wir kurzerhand den Motor an und schoben uns mit Schleichfahrt durch diese Strömung.
Danach ging es mit Rauschefahrt unter Segeln weiter nach Saint Vincent. Die Nordwestansteuerung der Insel bot uns einen imposanten Morgen: Grau verhangene Vulkanberge, deren Vegetation uns mit zunehmender Helligkeit in den kräftigsten Grünfarben entgegenstrahlte!
Nun steuerten wir auf unseren geplanten Grenzeingangsort, die Chateaubelair Bay zu.
Als wir in die Bucht einliefen empfing uns ein Boatboy in seinem Kanu, der uns zu einem Ankerplatz begleitete. Um 08:45 fiel unser Anker auf ca. 6 m Wassertiefe direkt vor dem Strandlokal. Es lagen schon vier andere Schiffe in der Bucht. Wir beeilten uns unser Beiboot auszupacken und aufzupumpen, damit wir die Eiklarierungsformalitäten so schnell wie möglich hinter uns bringen konnten. Doch noch bevor wir ganz fertig waren mit dem Aufpumpen unseres Beibootes kam ein Schlauchboot vom Nachbarschiff zu uns herangefahren und berichtete uns, das Zoll und Grenzschutz zur Zeit trotz offizieller Öffnungszeiten nicht besetzt waren und nicht klar war, wann dort wieder jemand zu erreichen sein wird. Außerdem waren vorletzte Nacht Diebe an Bord des Katamarans neben uns eingestiegen und stahlen Papiere und Geld. Als Schutz fuhr der Boatboy daraufhin in der vergangenen Nacht mit seinem Kanu Wache um die Ankerlieger herum. Trotzdem wollten jetzt zwei der Ankerlieger, die eigentlich genau wie wir zum Einklarieren gekommen waren aufgrund der Gefahrenlage wieder ablegen. Mit einem unguten Gefühl entschieden wir uns dann auch weiter zu segeln und lichteten den Anker sofort wieder ohne auch nur einen Fuß an Land gesetzt zu haben. Nach den neuesten Segelführern soll Saint Vincent heute durch Videokameras und Bewachung in vielen Ankerbuchten und Hafenanlagen sicher sein, aber die Realität scheint noch eine andere zu sein.
So beschäftigte uns unsere Sicherheit mal wieder, denn Diebstahl und kleine Delikte sind hier ein echtes Thema, welcher Ankerplatz ist wie sicher und wann wurde dort das letzte Mal eine Yacht bestohlen, wie kann man sich schützen. Es gilt auf jeden Fall nicht alleine in einer Ankerbucht zu ankern und dann hängt viel am eigenen Gespür. So segelten wir also einige Buchten weiter zur Wallilabou Bay, um einen Blick hineinzuwerfen und dann unser Gespür zu befragen, ob wir uns wie gedacht hier einige Tage aufhalten wollten. Verlockend war die Bucht schon, denn „Der Fluch der Karibik“ mit Johnny Depp wurde hier gedreht und es stehen noch Reste der Filmkulissen. Die Beschreibung las sich besser, als es letztendlich für uns in der Bucht aussah. Die Einklarierung war nur teilweise möglich und so folgten wir unserem Gefühl und segelten an diesem „Piratennest“ vorbei – ohne zu wissen ob wir den Bewohnern unrecht taten.
Letztendlich steuerten wir die nächste Insel an: Bequia. Sie gehört ebenfalls zu St. Vincent and the Grenadines. So fiel unser Anker dann am Freitag den 22. Mai 2015 um 15:10 nach 73 Seemeilen auf ca. 6 m Wassertiefe in der Admirality Bay, in der wir entspannt einklarierten und nun unsere Tage wieder genießen. Die Shogun lief einen Tag nach uns ein, denn sie hatte einen kurzen Übernachtungsstopp in der Wallilabou Bay eingelegt.
Übrigens: Die Nachtfahrt hatte tatsächlich den Vorteil, das die Temperaturen erträglich waren, aber dafür mußten wir sehr böigen Wind hinnehmen. Die folgende Tagesfahrt mit der Mittagssonne beim segeln sorgte dann allerdings für einen leichten Sonnenbrand trotz der ständigen Suche nach einem schattigen Platz und ordentlich Sonnencrem, auch trotz unserer bisherigen Gewöhnung.
Viele Grüße aus Bequia, Saint Vincent and the Grenadines
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind