Am zweiten Tag unserer Panamakanalpassage, dem 03. März 2017 erwachten wir in den frühen Morgenstunden auf dem Gatun See oder besser gesagt, eigentlich rief uns der Wecker aus den Laken. Da weder unsere Advivor noch sonst jemand Informationen hatte, wann denn die Passage beginnen sollte, morgens um 06:00 Uhr, um 06:30 Uhr oder gar erst um 08:30 Uhr, stellten wir halt auf allen vier Schiffen unsere Wecker auf kurz vor 06:00 Uhr, so daß Skipper und ein Helfer bereit zum Ablegen waren.
So begann der Tag mit dem typischen Warten und wir vertrieben uns die Zeit mit dem ersten Morgenkaffee oder Tee und einem Frühstück bestehend aus Omelett und Brot, denn natürlich wachten alle bei der Enge an Bord schnell auf. Einige ganz mutige sprangen sogar noch in die Fluten des Gatun Sees, obwohl es hier Krokodile gibt. Aber der Gatun See bietet ja schließlich Süßwasser und da nimmt man auch schon mal ein eventuell in der Nähe befindliches Krokodil hin 😉 Helge und die anderen Mutigen kamen alle wieder unangeknabbert an Bord.
Um 07:30 Uhr wurden die Advisor von zwei Lotsenbooten gebracht und los ging es. Bei uns stieg Harold zu. Er war recht entspannt und so hatten wir viel Spaß mit ihm. Wir durchquerten den Gatun See und die dann folgenden Engstellen. Alles ist auf dem Panamakanal ein wenig größer als auf dem Nord-Ostsee-Kanal und es war windig und heiß. „Die Sonne brannte uns auf den Pelz.“ So versuchte jeder möglichst einen schattigen Platz zu erhalten, wobei dem Advisor ein bevorzugter Platz zusteht. In den Regeln für den Panamakanal steht, das dem Advisor ein Schattenplatz anzubieten ist, er ist mit Essen und Trinken zu versorgen und es muß eine adäquate Toilette für ihn vorhanden sein (die Toilette wird vorab inspiziert). Von Rettungsmitteln wird in den Regeln für einen Yachttransit nichts erwähnt :-).
Es war für Helge schon komisch, jemanden an Bord zu haben, der sagt: „Jetzt den Kanal überqueren, jetzt bitte weiter da- oder dorthin oder bitte die Gastlandflagge austauschen oder einholen.“ Gut mit der Panamaischen Gastlandflagge hatte er schon nicht ganz Unrecht, denn die war im ersten Drittel schon kräftig angefressen aber so etwas erlebt man wohl nur in Ländern in denen man wirklich stolz auf seine Symbole ist. Wir hatten das schon geahnt und somit Ersatz dabei, den wir dann setzten.
Harold, unser Advisor war super nett, er vertrieb uns mit vielen kleinen Geschichten zum Kanal die Zeit und zusätzlich brachte er einige Trivia- Fragen zum Kanal mit. Asha konterte allerdings ebenfalls mit einigen Trivia-Fragen zum Kanal und zu Panama, von denen er die meisten nicht beantworten konnte. Wusstet Ihr, das ein Gefängnis für die Top- Verbrecher und Drogenbosse direkt am Kanal liegt? Panamas Ex Präsident Antonio Noriega sitz dort ein, wobei er zur Zeit wohl im Krankenhaus sein soll. Wir durchquerten die Goldberge, in denen allerdings niemals Gold gefunden wurde. Sie erhielten den Namen aufgrund der Unmengen an teurem Sprengstoff der für den Durchbruch verwendet wurde. „Titan“, ein deutscher Schwerlast- Schwimmkran aus dem 2. Weltkrieg versieht auf dem Panamakanal seit Kriegsende seinen Dienst.
Gegen 12:00 Uhr gab es Mittag an Bord, Nudelsalat/ Gemüsesalat, hart gekochte Eier und dazu Wiener/ restliche Geflügelmedaillons. Asha hatte zur Vorbereitung eine lange Zeit des Vormittags in der Kombüse verbracht.
Ca. 13:00 Uhr bildeten wir wieder unser Dreierpäckchen wie am Vortag: die „Let it be“ in der Mitte, die „Little Dove“ Steuerbord und „Gegenwind“ an Backbord. So liefen wir in die Pedro Miguel Schleuse ein. Uns folgte diesmal die „Horizon“, der Zweimaster und dann kam noch ein großer hintendrauf, die „Supreme Star“. In der Nebenschleuse ging die „Chesapeake Highway“ wie ein riesiges Hochhaus hinein, davor befand sich der alleinfahrende Megakatamaran. Die Yachten bleiben bei allen Schleusen gewöhnlich in ihren Päckchen, mit denen sie den ganzen Kanal passieren. Täglich passieren nur ca. 40 – 50 Schiffe den Kanal.
Es ging die ersten ca. 10 Meter wieder hinab bis in den Miraflores See. Nun überquerten wir den See mit unserem als Floß gebundenen Dreierpäckchen und gegen 13:55 Uhr liefen wir in die erste Kammer der Miraflores- Schleusen ein. Die anderen Schiffe folgten uns. Von hier aus hatten wir einen tollen Blick auf den unter uns liegenden Pazifik.
Um 15:10 Uhr gelangten wir in die letzte Schleusenkammer mit dem Besucherterminal und der Livekamera vor unserer Nase.
Die Schleusentore öffneten sich gegen 15:35 Uhr und um 15:40 Uhr waren wir dann tatsächlich auf dem Pazifischen Ozean unterwegs!
Wir lösten unser Päckchen auf und passierten dann noch die Hafenanlagen von Panama City auf unserer Backbordseite, fuhren unter der „Brücke der Amerikas“ hindurch und bogen zum Balboa Yacht Club ab. Hier verabschiedete sich Harold und ein Lotsenboot holte ihn ab. Wir setzten auch unsere Leinencrew, Elke, Jochen und Karin ab – Vielen Dank für Eure tolle Hilfe!
Danach suchten wir uns noch eine Muringboje zum Festmachen, räumten ein wenig auf und fielen todmüde in unsere Kojen.
Unser erster Pazifikeindruck:
Wir haben noch nicht das Gefühl einen neuen Ozean erreicht zu haben, sondern einfach nur einen neuen Ankerplatz. Aber vielleicht kommt das ja noch.
Viele Grüße aus dem Pazifik, Balboa Yacht Club, Panama City
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind