Auch auf dieser Seite Amerikas rast die Zeit wie verrückt und die Wochen gehen dahin. Nachdem wir uns erst einmal an der Mooring Boje (Festmachertonne) vor dem Balboa Yacht Club von der Kanaldurchfahrt erholten, …, aber Moment mal: Das mit dem Erholen blieb irgendwie aus, denn die Fähren, Versorgungsschiffe und Lotsenboote rasten Tag und Nacht an uns vorbei, so daß wir durch das Geschaukel und den Krach kaum Ruhe bekamen. Es ist kaum zu glauben, welch einen Höllenlärm so ein panamaisches Arbeitsboot machen kann, vermutlich fehlt jegliche Schalldämmung bei den Motoren und wir verstanden häufiger unser eigenes Wort nicht mehr. Zusätzlich kamen noch ein paar reiche Motorbootfahrer mit richtig großen Angelbooten und vielen PS hinzu, die sowieso keine Rücksicht kannten. Andererseits war es auch interessant anzusehen – Helges TV Abend – wie sich diese reichen „Herren“ in den Abendstunden ein paar niedliche junge Schönheiten an Bord mitbrachten, um sie dann an Deck und im Cockpit ein wenig tanzen zu lassen – dahin gehen also vermutlich die Gelder aus den „Panama- Papers“.
Naja, wir wollten ja schließlich so schnell wie möglich weiter.
Wir blieben aber dann doch bis zum 16. März 2017 im Balboa Yacht Club an unserer Mooring Boje hängen und hatten so das eine oder andere Erlebnis.
Der Hafen von Panama City ist so dreckig wie kaum ein anderer Platz oder doch wie alle anderen Hafenstädte?
Der von der Großschifffahrt verursachte Ruß und Dreck fiel teilweise in großen Flocken an Deck und nach spätestens zwei Tagen hatten wir eine grauschwarze Schmutzschicht auf und in Gegenwind und gefühlt auch auf uns, denn unsere Luken waren natürlich ständig auf. Wenn das nur alles gewesen wäre, denn das Gezeitenwasser, das an uns vorüberzog wurde nicht nur von Plastiktüten, Styroporverpackungen oder ähnlichem verschmutzt, sondern auch von Unmengen an Treibstoff und Öl, so daß Gegenwind in einer ölhaltigen braunen Brühe schwimmen mußte, die auch von Zeit zu Zeit einen intensiven Geruch nach Tankstelle verströmte. An ein Abspülen von Gegenwind mit Salzwasser war da nicht zu denken und auch wir verzichteten auf einen Sprung in unsere überdimensionale Badewanne.
Aber zum Glück gab es im Balboa Yacht Club wenigstens eine Dusche, alt, aber sauber und mit richtig heißem Wasser. Um Einlaß in die Dusche zu bekommen, mußten wir einen bewaffneten Wachmann nach dem Schlüssel Fragen und schon hatten wir jeden Abend unseren Spaß mit ihm, denn er verstand natürlich nur spanisch und wir nur englisch. Mit Händen, Füßen, Pantomime und verschiedenen Sprachbrocken kamen wir dann aber jedes Mal zu lustigen „Unterhaltungen“ vor dem Duschvergnügen.
Ungewohnt war es für uns per Wassertaxi an Bord bzw. von Bord zu kommen, dem Service des Balboa Yacht Clubs. Mit dem Signalhorn, durch Winken, per UKW- Funk oder einfach nur durch Warten konnten wir das Wassertaxi anfordern, wenn wir an Land wollten. Vorsichtig kam der Bootssteuerer gegen die Gezeitenströmung von 1-2 Knoten an Gegenwind herangefahren. In der Regel kletterte Asha als Erste beherzt hinüber, dann reichte Helge Schuhe, Rucksäcke, Müllbeutel irgendwie hinterher und zu guter Letzt sprang dann auch Helge hinüber – wie beim Übersteigen von einem zum anderen Schiff auf der Kieler Förde bei voller Fahrt, nur das das hier ganz normal ist.
Neben dem eigentlichen Sinn unseres Aufenthaltes hier, die großen Besorgungen für die nächste Etappe, gab es natürlich auch noch ein paar kleine Abenteuer.
Am Sonntag, den 12. März 2017 zog ein kräftiger Squall mit viel Regen und Wind über unseren Liegeplatz hinweg. Wir waren gerade zufällig an Bord. Die Schiffe drehten sich bei dem Squall je nach Schiffstyp mehr oder weniger aus der Gezeitenströmung heraus und richteten sich neu aus, die Segelschiffe in Windrichtung, die Motorboote irgendwie anders und einige große Arbeitsboote hingen an zwei Bojen und bewegten sich noch wieder anders. Das alles wäre kaum eine Erwähnung wert, wenn die Bojen nicht so dicht zusammen gewesen wären. So passierte es, das das Heck eines anderen Seglers, ein Aluminiumschiff, mit dem Hinterteil eines großen schweren Arbeitsbootes kollidierte. Es gab einen ordentlichen Knall und dann trennten sich die Schiffe wieder. Ein paar Tage später erfuhren wir, das der Zusammenstoß ein ca. 10cm großes Loch in das Aluminiumsegelboot geschlagen hatte. Die Segler berichteten uns dann, das der Yachtclub die Reparatur übernommen hatte: An einem mit Diesel gefüllten Tankanleger wurde das kurz über der Wasserlinie befindliche Loch bei kräftigem Schaukeln wieder zugeschweißt – es ging gut.
Am Montag, den 13. März 2017 saßen wir beim Frühstück und blickten wie gewöhnlich über den Liegeplatz zu unseren Nachbarn. Komisch fiel uns unser direkter Nachbar auf, ein riesiger hölzerner Zweimaster. Irgendwie sah der anders aus als sonst und sein Generator machte auch keinen Lärm wie die Tage zuvor. Nach einigem Beobachten stellten wir dann fest, das das Schiff langsam am Sinken war, die Wasserlinie war schon nicht mehr zu erkennen und auch einige Austrittsöffnungen guckten nicht mehr aus dem Wasser. Helge meldete das per UKW- Funk an den Balboa Yacht Club und dort sagte man dann beruhigend, daß der Besitzer schon dort sei und eine Pumpe organisiert. Nach einiger Zeit kam dann tatsächlich das Wassertaxi mit dem Besitzer und einer Pumpe zurück und das Schiff wurde gelenzt (leergepumpt). Von da an lief die Pumpe mehrere Male am Tag. Der Besitzer erklärte uns ganz entspannt, das halt irgendetwas gebrochen war, so daß jetzt ständig Wasser ins Schiff kam.
Auf den Montag, den 13.März 2017 hätten wir gerne verzichten können. Nachdem „sinkenden Schiff“ gingen wir wieder einmal auf einen Einkaufstrip in die große Einkaufmall Albrook. So weit so gut – bis wir dann am späten Nachmittag vollbeladen mit schweren Rucksäcken und den Händen voller Plastiktüten zur Busstation kamen, dort mit vielen anderen auf den Bus warteten und mit anderen Seglern klönten. Als der Bus dann kam, stiegen wir mitten im Gedrängel ein. Jeder muß am Fahrer vorbei durch ein Drehkreuz und dabei sein Busticket vor einen Automaten halten – komisch kam uns das Gedrängel schon vor, denn eigentlich wird hier nicht geschubst und geschoben … und da war es auch schon zu spät, denn Helge merkte jemanden an der verschlossenen Tasche hantieren als er mitten im Drehkreuz war und weder vor noch zurück konnte. Die Geldbörse war weg und zwar genauso schnell wie die Leute die das Gedrängel verursacht hatten und dabei die Geldbörse ergaunerten. Das Geschrei war groß aber auch die Hilfsbereitschaft der panamaischen Mitreisenden, die sofort die Polizei riefen und den Bus zum Stehenbleiben veranlaßten. Die Polizisten waren nett aber sie gaben uns gleich zu verstehen, daß wir uns keine Hoffnung auf die Ergreifung der Gauner machen sollten. So blieb uns nur, den Verlust zu verschmerzen, die Bankkarte zu sperren und das Ganze als Abenteuer abzuhaken. Wir hoffen nur, das das unser einziges Abenteuer mit Verbrechern bleibt!
Viele Grüße aus Panama City
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind