Es ist immer noch Hurrikansaison oder wie es auf dem Pazifik heißt Zyklonzeit. Sie beginnt im November und endet im April, also der südliche Sommer. Die Marquess Inseln befinden sich gerade außerhalb des östlichen Randes der Zyklonzone. Das ist ja schließlich der Grund, der es uns erlaubt hat zu einem beliebigen Zeitpunkt von Ecuador aus hierher zu segeln. Nun warten wir auf das Ende der Zyklonzeit um weiter in Richtung Westen vorzustoßen. Natürlich sind wir nicht völlig faul dem Warten verfallen, obwohl alles nur sehr träge abläuft.
Unsere Vorbereitungen für die Weiterfahrt laufen mit dem Schweiß der sommerlich tropischen Temperaturen einfach davon. Wir haben unsere Proviantschapps und -kisten inzwischen wieder gefüllt, kleine Reparaturen durchgeführt, ein paar Daten über unsere kommenden Ziele zusammengetragen und den Wasser- sowie Dieselvorrat ergänzt. Leider führten schon die kleinsten Bewegungen zu Strömen von Schweiß und erschöpfender Ermüdung, so daß zum Beispiel allein das Nachfüllen von 10 Liter Diesel in den Tank und die Befüllung von zwei 20 Liter Kanistern, die wir an Deck stauten, einen Tag in Anspruch nahmen, während wir das im kühlen Deutschland mal so nebenbei erledigt hätten. Aber was soll’s, das Paradies ist halt tropisch aber der Tropenwinter naht ja schließlich.
Am Ankerplatz entsteht zurzeit eine „paradiesische Hektik“, denn die meisten wollen ja in den kommenden Wochen weiter. Außerdem ist jetzt, Mitte März, der Beginn der Reisezeit, so daß die Ankunft der ersten Segler aus Panama und anderen amerikanischen Ländern auf den Marquesas Inseln bevorsteht, denn wer die pazifische Inselwelt in diesem Jahr durchqueren möchte, muß bei seinen Reiseplänen die Einreisebeschränkungen (gerade für nicht EU-Bürger) und die Zyklonzeit berücksichtigen.
In der vergangenen Woche war es dann soweit. Die ersten Neuankömmlinge aus Panama erreichten unsere Ankerbucht, Atuona, um die Einreiseformalitäten zu erledigen und die leeren Proviantschapps aufzufüllen. Seitdem ist es eng geworden. Die Einheimischen brachten unterdessen ein Schild „bitte Respekt walten zu lassen und die Fähre nicht zu behindern“ an einem Privaten Anleger an, während der allgemeine Dingi- und Fähranleger von den Neuen total blockiert wurde.
Am Mittwoch, den 07. März 2018 erlebten wir einen echt miesen Höhepunkt. Vier neuangekommene Segler mischten das Ankerfeld auf. Wir kamen am späten Nachmittag aus dem Ort zurück und sahen schon von der Straße aus, das die Neuankömmlinge sich ziemlich eng ankuschelten. Abends gegen 21:00 Uhr brach dann das Geschrei los, denn nun nahm das kuschelige Ankern ein jähes Ende, als zwei alteingesessene ihre Fender herausholen mußten und lautstark ihre kuschelbedürftigen neuen Nachbarn aufforderten sich einen anderen Platz zu suchen. In der Zwischenzeit beharkten sich zwei neu angekommene Riesenkatamarane nur eine knappe Schifflänge von Gegenwind entfernt, indem mit kräftigem Poltern der Steuerbordbug des kleineren (47Fuß) Kats mit dem Backbordheck des größeren (52Fuß) Kats mehrfach kollidierte. Natürlich waren Skipper und Crew des größeren Kats anfangs nicht an Bord, während auf dem kleineren Kat hastig an einer Problemlösung gearbeitet wurde. Der kleinere Kat hatte auf engstem Raum mit gut haltendem Bug- und Heckanker geankert, während bei dem größeren Kat trotz angebrachtem Bug- und Heckanker ein zunehmend größerer Bewegungsradius erkennbar wurde. Für den Fall der Fälle hielten wir unsere Fender schon mal bereit, bis sich die Lage klärte und der kleinere Kat, nachdem die „gegnerische“ Crew wieder zurückkam, Anker auf ging und sich einen anderen Platz suchte. Dann gab es ein mächtiges Geschrei als der Skipper von dem kleineren Kat mit seinem Dingi zurückkehrte und versuchte den Vorfall mit seinem drohenden, laut über das ganze Ankerfeld schreienden Kontrahenten zu klären und zeitweise sah es für uns schon so aus, als spitzte sich die Lage weiter zu. Zum Glück wollte die Toporo IX, der Inselversorger, einlaufen und der Skipper von dem kleineren Kat mußte zusehen, das er sein gerade umgeankertes Schiff aus dem Einlaufbereich des Versorgungsschiffes herausbrachte. Das war zu viel miese Aufregung für uns und mit der Aussicht, das ab dem 16. März 2018 die Ralley der World- ARC mit 38 Schiffen auf unseren bis dahin beschaulichen Ankerplatz einstürmen wird, besorgten wir unsere letzten Sachen, sagten Tschüss und segelten am Samstag, den 10. März 2018 weg von dem bevorstehenden Großereignis.
Die Bucht von Atuona nimmt 10 bis 15 Schiffe auf, die bei entsprechender Rücksichtnahme genügend Freiraum für sich beanspruchen können. Die Ankerplatzsituation mit dem Gezeitenunterschied von ca. einem Meter, der ständig drehenden Windrichtung, dem immer wieder einlaufenden Schwell, der die Schiffe in der Dünung kräftig hin und her, vor und zurück schwappen läßt, sind nicht immer leicht einzuschätzen, gerade für diejenigen die aus der Karibik kommend so etwas nicht oder nicht mehr gewöhnt sind.
Wir verließen die Ankerplatz- Kampfarena Atuona und liegen jetzt als einziges Schiffchen an unserem schon bekannten Ankerplatz vor der Ortschaft Vaitahu auf der Insel Tahuata um die letzten Kleinigkeiten zu erledigen, bevor wir zu neuen tollen Abenteuern aufbrechen.
Viele Grüße aus dem Südseeparadies Vaitahu, Insel Tahuata, Marquesas Archipel, Französisch Polynesien
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind