Es ist mal an der Zeit unserem immer noch „typisch deutschen Verhalten“ ein wenig Platz einzuräumen und endlich mal über das Südseeparadies zu jammern, denn das Kleingedruckte gibt es tatsächlich auch im Paradies.
Das heilige Internet:
Eigentlich gehört das Internet ja nicht ins Paradies aber…
Wir kommen aus einer Internetgesellschaft und so ist das Fehlen vom guten Internet das erste, das uns hier massiv einschränkt, denn es ist teuer, nur teilweise verfügbar, sehr langsam und nur mit einem hohen Aufwand erreichbar. Wir nutzen das Internet für Wetterinformationen, für den Austausch mit Daheim und mit anderen Seglern sowie für unseren Blog, wir benötigen es für die aktuellen Revierinformationen und zur Routenplanung. Und anders als vor dem elektronischen Segelzeitalter bekommt man heute nahezu keine Papierdaten getauscht oder gekauft, denn das gibt es ja alles elektronisch.
Die automatischen Computerupdates haben wir schon längst abgestellt, Downloads von Daten (10MB) brauchen, wenn es gut geht ein bis zwei Stunden aber nicht selten auch schon mal mehrere Versuche an mehreren Tagen. Für das synchronisieren unserer eMails sitzen wir durchaus mal einen ganzen Vormittag am Computer (und das ohne Anhänge). Und bei Regen bricht das Internet meist vollständig zusammen. Natürlich hängt die Internetmöglichkeit auch an dem Ort an dem wir uns gerade befinden – Je paradiesischer der Ort, desto schlechter ist das Internet. Zusätzlich haben wir bei Regen oder bedecktem Himmel nicht genug Strom für Computer.
Das für uns Deutsche unverzichtbare Brot:
Wir sind in einem „französischen“ Gebiet und so gibt es vielerorts Baguette – so weit so gut.
Selbstverständlich gibt es frisches Baguette nicht überall und nicht zu jeder Zeit, denn „wer nicht kommt zur rechten Zeit …“. Manchmal ist aber auch das letzte Baguette schon um 08:00 Uhr morgens längst verkauft – also nix für Langschläfer. Allerdings hat auch der „späte Vogel“ durchaus eine Chance auf Baguette, denn in einigen Geschäften kann man sich sein Baguette reservieren lassen.
Vor dem Jahreswechsel ging dem Bäcker auf Tahuata das Mehl für die Baguette aus und somit war die Insel bis zum nächsten Versorgungsschiff (Mitte Januar) ohne Brotversorgung. Wir verließen daher den brotlosen Ort. Wer jetzt daran denkt, das wir ja selber backen könnten, der irrt sich leider, denn das kostet zu viel Gas. Viermal Brotbacken entspricht der Füllung einer unserer 5kg Gasflaschen und da wir nur zwei haben, müssen wir damit gut haushalten, denn ein einfaches Nachfüllen funktioniert in den Marquesas nur auf Nuku Hiva.,Die Anschlüsse, die Flaschen und die Regeln für den offiziellen Umgang mit Gas sind in jedem Land unterschiedlich und wir haben uns noch nicht dazu durchgerungen in jedem Land eine landesübliche Flasche zu kaufen und diese dann selbst mittels ein paar gebastelten Anschlüssen umzufüllen.
Die geliebte Schokolade:
Ohhhh Jammer – Wir sind leidenschaftliche Schokoladennaschkatzen aber die Preise hier haben es tatsächlich geschafft uns auf einen Schokoladenentzug zu setzen – eine billige 100g Schokolade kostet hier gut und gerne 4€.
Der heißbegehrte Honig
Wir haben bisher noch nirgendwo so viele Bienenstöcke gesehen wie hier. Sie stehen in Gärten, an Wegrändern, im Wald und die Bienen fliegen bis zu uns an Bord um für ihre Larven neue Räumlichkeiten zu finden, aber trotzdem ist Honig hier ein Luxusartikel – ein 500g Glas liegt bei 15-20€. Wir sind stattdessen auf eine nur halb so teure Alternative ausgewichen: „Eine Nussnugatcreme – welch ein Ersatz!?“
Die gemeinen, hinterhältigen, bösartigen, niederträchtigen Stechinsekten
Das quälendste sind und bleiben Stechinsekten die uns aussaugen, aufritzen und uns bis zum Verrückt werden zum Kratzen bringen. Nach so langer Zeit in den Tropen sind unsere Arme und Beine inzwischen schon mächtig vernarbt von dem vielen Aufkratzen und Heilen der Bisse und Stiche und auch hier im Südseeparadies gehören Nelkenöl, Insektensprays, Essig und Antihistamin- Tabletten zu unseren täglichen Gebrauchsgeständen um die schlimmsten Juckattacken einzudämmen.
Die Biester lassen sich nur sehr unzureichend durch Vorbeugemaßnahmen von ihren Angriffen abhalten.
Der elende Unterwasserbewuchs
Vor etwas mehr als sechs Wochen waren wir in der Schiffswerft und hatten Gegenwinds Unterwasserschiff von allem Bewuchs befreit und sie wieder fit gemacht. Aber trotzdem sind nun unser hochglanzpolierter, gut gefetteter Propeller, sowie unser mit Fett überzogener Geschwindigkeitsmesser schon wieder mit einer Pockenschicht überwuchert und wir müssen kratzen. Na ja, warten wir mal ab, wie lange denn der Antifoulinganstrich Gegenwinds Rumpf bewuchsfrei hält – laut Herstellerangaben bis zu 60 Monate.
Der schweißtreibende tropische Sommer
Die tropische Wintertemperatur ist ja gut auszuhalten und das Badewasser empfanden wir schon fast als kalt, aber jetzt zum Hochsommer hier im Paradies wird es langsam unangenehm warm! Wir fangen wieder an nachts zu schwitzen und müssen mehrfach aufstehen um etwas zu trinken. Dabei hat unser nächtlicher Wasserkonsum inzwischen schon wieder ein Volumen von einem Liter erreicht. Ab einer nächtlichen Temperatur von 28°C ist bei uns leider die Grenze zu angenehm warm überschritten. Die Tage werden anstrengender, denn die hohen Temperaturen erschöpfen hier jeden der nicht unter einer Klimaanlage sitzt. Unser Badewasser hat so allerdings eine angenehme Temperatur (27°C) erreicht 😉
Der lästige Schwell am Ankerplatz:
Anders als in der Karibik ist hier an unseren bisherigen Ankerplätzen immer eine Dünung vorhanden. Mal geht es mit einer langen Dünung ruhig auf und ab, mal wird das ganze etwas ruppiger und die Brandung geht auf den Strand, während wir nur gute 100 bis 200 Meter entfernt vor Anker schaukeln. Erfahrene Südseesegler haben uns erklärt, das uns so ein Geschaukel wohl überall erwarten wird. Wir werden also damit leben müssen, das alles was nicht seefest verstaut ist, immer mal wieder quer durch Gegenwind poltern wird.
Auf den Marquesas müssen wir häufiger mit kräftigen Fallböen rechnen, denn bei den hohen Vulkaninseln pustet der Ostpassat auf der geschützten westlichen Inselseite die Fallböen durchaus aus westlichen Richtungen auf die Ankerplätze. Das Gegenwind dabei selbstmörderisch an der Ankerkette in Richtung Strand und Steine zerrt, müssen wir wohl ertragen.
Viele Grüße aus dem Südseeparadies Marquesas Archipel, Französisch Polynesien
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind