Endlich bot uns das Wetter eine Möglichkeit weiter voran zu kommen. Doch bevor wir die Leinen lösen und den Anker aus dem Grund holen konnten, mußten wir uns noch bei der Coast Guard erkundigen, ob die ganzen Schießgebiete auf unserer Route auch befahrbar waren.
Bis zu unserem ersten Stopp gaben sie uns freie Bahn und für die folgenden Strecken waren die freundlichen Leute von der Coast Guard in Chania nicht zuständig und wir sollten uns an die dann zuständigen Stellen wenden.
Mit dieser Aussage verließen wir Chania am Freitag, den 24.Juni 2022 um 14:55Uhr nach unserem letzten Mittag in Hafen und einer ausgiebigen Dusche in den kostenfreien, öffentlichen Luxussanitärräumen, die sogar nach jedem Benutzer gereinigt wurden.
Eine Stunde nach unserem Auslaufen konnten wir Groß- und Vorsegel setzten und ab ging die Post bei nordöstlichen Winden. Mit 5,7Knoten Geschwindigkeit schob Gegenwind eine herrliche Bugwelle vor sich her – segeln vom Feinsten.
So konnte es natürlich nicht bleiben, denn um kurz nach 19:00Uhr brach ein Block vom Baumniederholer (ein Flaschenzug, der den Großsegelbaum beim Segeln nach unten festhält, damit das Segelprofil den Wind richtig einfangen kann). Ein Bolzen hatte aufgegeben und verursachte uns so ein wenig Ärger, den wir mit einem Provisorium flickten. So sollte das funktionieren bis zum nächsten Halt an dem wir in den Tiefen von Gegenwind in Ruhe nach einem echten Ersatz suchen konnten.
Es ging in die Nacht hinein, Richtung Nordwest, auf das griechische Festland zu. Die Wellen wurden ruppiger und der Wind verlor seine Kraft, so daß Gegenwind in der kurzen steilen Mittelmeerwelle sehr unangenehm schaukelte und sich sogar der Palstek der Steuerbordschot von unserem Vorsegel lose schüttelte (eine Leine mit dem das Segel stramm gezogen wird).
Also kletterte Helge aufs Vorschiff um den Schot wieder anzuknoten. Danach hatte der Wind immer weniger Lust uns voranzuschieben, die Segel schlugen immer heftiger und protestierten gegen die Behandlung. So bargen wir sie schließlich um kurz vor Mitternacht und starteten den Motor.
Unsere gewohnte Nachtruhe war für diese kurze Überfahrt sowieso nicht haltbar und so hatte jeder von uns im Wechsel mit der Wache nur ein paar ruhige Augenblicke zum Regenerieren im Cockpit oder in der Koje. In den frühen Morgenstunden, gegen 05:00 Uhr, es war noch dunkel, erreichten wir die Insel Kythira, auf der wir unseren ersten Zwischenstopp eingeplant hatten. Wie üblich, scheuten wir uns bei Dunkelheit einzulaufen und so ließen wir uns vor der Einfahrt in die Bucht einfach eine Stunde lang treiben.
Bei Sonnenaufgang nahmen wir wieder Fahrt auf und liefen unseren Ankerplatz vor der Ortschaft Kapsali an. Um 06:55Uhr fiel der Anker nach 64 Seemeilen auf Position N36°08,576` E022°59,888` bei einer Wassertiefe von 10,4 Metern.
Jetzt war für uns erst einmal Nachtruhe angesagt und unsere Kojen freuten sich über unseren Besuch.
Bis Mittag hielt es uns in den Kojen, dann wurde es zu warm und wir begannen den Tag für uns. Beim Frühstück durften wir uns gleich über einen französischen Einhandsegler mit seinem fünfzehn Meter Schiff ärgern, der seinen Anker fast „in unserem Cockpit“ fallen ließ obwohl der gesamte Ankerplatz inzwischen frei war und die drehenden Winde so ein enges Ankern nicht zuließen. Nach einer kurzen Diskussion war sein lapidarer Kommentar nur: „ Dann sucht Euch doch einen anderen Platz!“
Das taten wir nicht, denn wir wollten uns nicht so einfach vertreiben lassen. Nachdem unsere Schiffe sich eine Weile aufeinander zu und wieder weg bewegt hatten, wurde wohl auch unserem Nachbarn klar, das wir unseren Platz nicht räumen würden auch wenn es auf Fenderabstand hinauslaufen sollte. Das wurde ihm dann doch zu viel und er nahm seinen Anker auf und steuerte einen etwas weiter entfernten Platz an – geht doch, warum nicht gleich so?
Nach unserem etwas gestörten Frühstück klarten wir Gegenwind auf. Helge kramte dazu in den Tiefen von Gegenwinds Staukisten nach einem ordentlichen Ersatz für den gebrochenen Block des Baumniederholers und ersetzte das Provisorium. Außerdem überprüften wir Segel und Leinen auf weitere Schäden von dem heftigen Geschüttel der vergangenen Tour und stellten einen Riß im Vorsegel fest. Naja, es sollte ja sowieso zum Schutz vor dem Sonnenlicht herunter genommen werden. Die Reparatur wollten wir aber nicht mehr heute erledigen, denn den kurzen Rest dieses Tages stand Erholen auf dem Plan und außerdem wollten wir die Aussicht auf die nette Bucht, mit dem treiben am Strand genießen. Das taten wir auch.
Viele Grüße aus Griechenland
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind