Frohe Weihnachten! – ¡Feliz Navidad! – Merry Christmas! – Joyeux Noël!
Die Sonne strahlt, so daß wir einen herrlich blauen Weihnachtshimmel erleben! Die Temperaturen liegen zurzeit im Tagesverlauf bei etwa 25°C, während es in der Nacht auf kalte 18°C abkühlt und uns bei unserem täglichen Abendspaziergang in Pullover, lange Hose und Socken treibt. Die Duschen hier bleiben kalt, denn es gibt in Gran Tarajal, in der Marina, kein warmes Duschwasser. Das Meer ist mit etwa 20°C für uns auch recht frisch und lädt, wenn überhaupt, nur zu einem ganz kurzen Eintunken ein.
Der Ort ist festlich geschmückt und bietet an dem einen oder anderen Abend kleine, lokale, weihnachtliche Musik- oder Tanzaufführungen im Ortszentrum an der Promenade.
Wir begingen diesen Heiligabend wieder zu zweit, mit einem leckeren Weihnachtsmenü aus drei Gängen, denn auch dieses Jahr ließ Asha es sich nicht nehmen, uns mit einem reichlich festlichen Gaumenschmaus zu verwöhnen und dafür stand sie gute eineinhalb Tage in unserer kleinen Pantry, um alles zusammen zu zaubern:
Als Vorspeise genossen wir gegrillte Paprika, gefüllt mit einer scharfen Sahnecrem mit frittierten Tintenfischstückchen. Darauf folgte ein klassischer Hauptgang aus Entenbrust, Rotweinzwiebeln, Rotkohl und Kartoffelklößen mit Pilzfüllung. Der krönende Abschluß war dann der Nachtisch, ein Zimt-Rosinen-Apfelkompott, dazu Joghurt mit Schokosplittern und alles garniert mit einem karamellisierten Haferflockentopping.
Den ersten Weihnachtstag bekamen wir Besuch zum Klönschack von Hendrik, einem Stegnachbarn, der zu unserem Orangenpunsch einen selbstgebackenen Kuchen beisteuerte.
Am zweiten Weihnachtstag war es ruhig und wir genossen die Sonne und verfassten endlich mal wieder einen Blogbeitrag! Außerdem holten wir uns per Internet natürlich auch Familie und Freunde an Bord.
Ganz anders sah es vor gut einer Woche aus.
Am Samstag polterte alles durcheinander. Für den Tag war eine frische Brise aus östlichen Richtungen vorhergesagt und es gab in den Kanarischen Medien eine Wellenwarnung für die Küsten.
Wir lagen ja im sicheren Hafen, was soll da also passieren, könnte man denken?
So dachten das auch einige durchreisende Segler und der eine oder andere Urlauber betrachtet einen Hafen in so einer Situation wohl auch als sicher.
Naja, es fing jedenfalls am Samstagmorgen an, etwas schaukliger in unserer Marina zu werden. Das hatten wir nach dem Wetterbericht erwartet. Während sich Asha zum Einkaufen aufmachte, da Alexander, unser Stegnachbar von der LIA, eine Autofahrt zu einem entfernteren Supermarkt anbot, fing Helge an, ein paar Zusatzleinen auszubringen und einigen unerfahreneren Seglern den Tipp zu geben, dies ebenfalls zu tun.
Währenddessen wurde es im Hafenbecken immer schaukliger und so nach und nach kamen immer mehr Segler aus ihren Schiffen heraus und verstärkten die Leinen. Dabei verstärkte sich der Seegang im Hafen spürbar und jeder half mit, zusätzliche Leinen auszubringen.
Als Asha und Alexander vom Einkauf zurückkamen, wurde das an Bord bringen des Einkaufs schon ein Balanceakt, denn der Schwimmsteg tanzte im Wellenrhythmus und GEGENWIND wurde an dem sich schlängelnden Steg hin- und hergerissenen. Asha ging gleich wieder an Land, denn es reichte, wenn einer von uns auf dem tanzenden Schwimmsteg als ständige Leinencrew zurückblieb.
Nach kurzer Zeit zeigte der gesamte Schwimmsteg an verschiedenen Auslegern, an denen jeweils größere Schiffe befestigt waren, erste Ermüdungserscheinungen. Festmacherleinen einiger Schiffe brachen und zusammen mit den Marina-Mitarbeitern wurde immer intensiver an der Sicherung der Steganlagen und der Schiffe gearbeitet. Die ersten Stege mußten nun mit Leinen kreuzweise gesichert werden, denn Ausleger, an denen Schiffe lagen, brachen langsam entzwei.
In dem ganzen Wirrwarr, stolperten wir fast über einen Vater mit seinem etwa 5-6 Jahre alten Sohn, der sich zwischen die anpackenden Helfer gesellt hatte. Nachdem Helge ihn auf die gefährliche Situation aufmerksam gemacht hatte und ihn bat aus Sicherheitsgründen den auseinanderbrechenden Steg zu verlassen, entbrannte eine heftige Diskussion mit dem uneinsichtigen Landsmann. Er wollte mit seinem Sohn unbedingt mitten im Geschehen dabei sein und zugucken oder schlimmer noch im Weg stehen, während andere um Hab und Gut kämpften. Letztendlich konnte der Vater mit seinem Sohn nur von der Autorität eines Marina-Mitarbeiters, der deutlich sichtbar mit Handschellen und Schlagstock an seinem Gürtel spielte, überzeugt werden, den Steg zu verlassen.
Die Wellen im Hafenbecken nahmen von dem Geplänkel natürlich keine Notiz und tobten weiter ihr wildes Spiel. Da kam schließlich die Feuerwehr hinzu und zusammen mit dem Hafenmeister und seinen Leuten überlegten sie einen Evakuierungsplan. Nun wurde es Zeit, Asha an Bord zurückzurufen und sie folgte dem Ruf im Eilschritt.
Bei GEGENWIND waren inzwischen zwei Leinen gebrochen und eine massive Lippklampe (Beschlag zur Leinenführung) an der Steuerbordseite achtern hatte sich komplett zerlegt.
Jetzt begann die Evakuierung an andere, tiefer im Hafenbecken gelegene Plätze, die irgendwie, zumindest Zeitweise, zur Verfügung gestellt werden konnten. Zuerst wurden die Boote verlegt, deren Befestigungsausleger den Schwimmsteg weiter zerlegten und dann waren auch wir dran. Wir hatten provisorisch alles was man der Gemütlichkeit halber am Liegeplatz im Cockpit ausbreitet, einfach unten in den Salon gepackt und machten uns auf, zu dem neu angewiesenen Platz. Mit dem Vertäuen dort und dem Helfen der anderen Boote beim Verlegen, schienen auch die Wellen sich zu beruhigen.
Die Wellen hatten im Hafen etwa eine Höhe von einem halben Meter erreicht, doch nun, mit dem langsamen Abnehmen der Wellen, kehrte auch unter uns Segler wieder die normale Ruhe zurück. In der Dunkelheit merkten wir dann auch die Erschöpfung von dem ganzen Tag Boote schubsen und Leinen pullen.
So eine Schadensbilanz im Hafen hatten wir auf unserer Reise bisher noch nirgendwo: Zwei Leinen durch, eine Lippklampe Schrott, Ashas Hose hatte einen langen Riss, aber zumindest hatte die Haut nichts abbekommen. Am Folgetag zeigte sich an Helge linkem Handgelenk eine Sehnenentzündung und heftiger Muskelkater erinnerte ein paar Tage später noch an dieses Ereignis.
Die Häfen auf den Ost-Südostseiten der Kanarischen Inseln sind bei den vorherrschenden nördlichen Winden die meiste Zeit des Jahres gut geschützt, aber während der Wintermonate, in denen die nordatlantischen Winterstürme Ost- bis Südostwinde mit teils hohen Wellen mit sich bringen, ist die sonst so geschützte Seite der Gewalt des Atlantiks voll ausgesetzt.
Viele Grüße aus Gran Taranja, Fuerteventura
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind