Das Wetter ist doch irgendwie ein Ärgernis. Das ist die einhellige Meinung in Seglerkreisen, denn Wettervorhersage und Realität passen nicht sonderlich gut zusammen!
Am Dienstag den 02. Dezember 2014 pilgerten wir mal wieder zusammen mit der Cariad- und Shogun- Crew auf unseren Wetteraussichtshügel um die Wettervorhersage mit realen Windmeßwerten zu vergleichen. Die Abweichung hielt sich mit vorhergesagten 5 Beaufort und gemessenen 7 Beaufort in akzeptablen Grenzen, da wir unsere exponierte Hügellage berücksichtigen mußten. Wir stellten uns also die Frage: “Ist uns dieses Wetter sicher genug oder warten wir lieber auf die nächste Wetterverschlechterung?“
Gemeinsam beschlossen wir dann auszulaufen und Madeira in unserem Kielwasser zurückzulassen, denn bei der Windrichtung konnte nicht so viel schiefgehen, außer das der Wind uns schneller dem Ziel entgegenbrächte wenn es denn zu stark blasen würde.
Gesagt, getan, wir liefen also am frühen Nachmittag mit dem 3. Reff im Großsegel und einem kleinen Vorsegel aus Quinta do Lorde mit Südkurs aus. Nachdem wir den Windschutz von Madeira verließen, zeigten sich unsere Vorsichtsmaßnahmen als goldrichtig, denn der Wind blies uns mit kräftigen Böen von guten 7 Beaufort vor sich her. Die Windmeßwerte waren also doch richtiger als die Wettervorhersagen. Wir erreichten in den Böen sogar eine Schiffsgeschwindigkeit von 10 kn. Der eine oder andere Regenschauer plagte uns und kam mit dem als eiskalt gefühlten Wind genau von hinten herangerauscht, so daß wir sogar alle Luken und Türen schließen mußten, damit der Regen den Freiwächter nicht in seiner Koje beim Schlafen erwischte. Die Wellen rollten mit einer Höhe von ca. 3 m aus zwei Richtungen von achtern unter Gegenwind hindurch, so daß die Tour uns jetzt doch auf das Gemüt schlug. Wir hatten keine Lust uns aus einer einmal eingekuschelten, halbwegs erträglichen, trockenen Position herauszubewegen oder gar irgendeine auch noch so kleine Tätigkeit zu verrichten. Wir konnten uns nicht einmal aufraffen etwas Eßbares zuzubereiten, das mehr Energie erforderte als eine Tüte Kekse aus dem Schapp zu holen. Alles in allem war es einfach nur ekelig kalt, ungemütlich und unbequem. Wie gut das Gegenwind uns tapfer ganz alleine und ohne unser großes zutun dem Ziel näher brachte. So verging die Zeit vom Auslaufen bis in den Morgen nach der zweiten Nacht.
Die Sonne kam heraus, der Wind stellte sich auf freundliche 3-4 Beaufort ein und es wurde so warm, das wir das erste Mal unser Regenzeug ausziehen konnten. Dabei kehrte dann sogar die Lust auf essen, lesen und schnacken zurück. Unser Appetit verleitete uns tatsächlich zum kochen: Nudeln mit Pesto! Und um Gegenwind kümmerten wir uns auch wieder, indem wir das dritte Reff ausschüttelten und Vollzeug setzten. Am Donnerstagabend um 22:00 Uhr machten wir dann in Las Palmas auf Gran Canaria fest.
Die Überfahrt von 301 sm dauerte 55 Stunden und 45 Minuten. Dabei machten wir in den ersten 24 Stunden ein Etmal von 141 sm und in den folgenden 24 Stunden ein Etmal von 129 sm. Dabei segelten wir auf halber Strecke 2 sm östlich an den kleinen unbewohnten Ilhas Selvagens vorbei und es begegnete uns ein großer Frachter fern am Horizont.
Wir sind auf den Kanarischen Inseln angekommen!
Auf Freude kommt gewöhnlich Ernüchterung und die folgte am Morgen nach unserer Ankunft beim Einklarieren in der Marina. Die Schlange der wartenden Segler war lang und wir mußten über zwei Stunden warten bis wir an der Reihe waren. Der Hafenmeister war dann allerdings sehr freundlich, benötigte aber trotzdem noch einmal ca. eine Stunde bis er die Daten von unseren Ausweisen, Schiffspapieren und Versicherungsnachweisen in den Computer eingegeben hatte, die nötigen Stempel auf die Unterlagen drückte, zuletzt das Hafenliegegeld kassierte und uns einen Liegeplatz zuwies. Damit war dann der halbe Tag weg und gefrühstückt hatten wir auch noch nicht.
Nachdem wir das Frühstück nachgeholt hatten, ging es ans „Reinschiff“ für uns DREI um das Salz von Gegenwind abzuspülen und uns von dem Mief der Überfahrt (3 Tage ohne Dusche und fast nur im Regenzeug) zu befreien.
Heute ist Nikolaustag, den wir gemütlich im Hafen von Las Palmas verbringen und mit den anderen Seglern von einem Klönschnack zum nächsten tingeln. Für Lilou und Gabri, die beiden Kinder der französischen Segelyacht Homer gab es auch einen kleinen Nikolaus nach deutscher Sitte. So stellt man sich doch eine besinnliche Adventszeit vor!?
Euch allen eine schöne und besinnliche Vorweihnachtszeit!
Viele Grüße aus Puerto de las Palmas (Gran Canaria / Spanien)
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind