Lisboa und das Drumherum

Cascais_Kunstvolle Sandburg

Cascais_Kunstvolle Sandburg

Gemeinsam mit der Shogun und der Cariad lösten wir am 30. September 2014 um 10:55 Uhr in Leixões unsere Leinen. Der Wind stand gut und so setzten wir das erste Mal seit langer Zeit wieder unsere Segel – und tatsächlich, sie funktionierten noch. Bei super Sonnenschein und Wind mit 2-3 Beaufort aus nördlicher Richtung begannen wir eine herrliche Segeltour. Wir dachten sogar daran den Spinnacker zu setzten, ließen es dann aber sein, denn für 3-4 Stündchen lohnt sich der ganze Aufwand doch nicht!

Am späten Nachmittag frischte der Wind auf und wir mußten das zweite Reff ins Großsegel binden, denn wir wollten ja nicht zu schnell werden. Die größere Shogun und die Cariad folgten uns inzwischen mit einem 5 sm Abstand und wir freuten uns über den Funkkontakt. Zu sehen war von den beiden Schiffen nichts mehr. Bei unserem Blick nach Achtern hatten wir in einem Augenblick einen prima Überblick über die schönen sich türmenden Wellen und im nächsten Augenblick sahen wir nur noch eine Wasserwand anrollen. Gegenwind hob aber jedes Mal brav ihr Hinterteil und die Wasserwand rollte unter uns durch. So segelten wir in die Nacht hinein. Bei der nördlichen Windrichtung kreuzten wir vor dem Wind und so führte uns unser Kurs ca. 20 sm auf den Atlantik hinaus. Zum Wachwechsel um 04:00 morgens schifteten wir unsere Segel und konnten damit den Kurs direkt in Richtung Land auf unser Ziel Lisboa absetzen.

Unsere beiden Begleiter hatten wir inzwischen achteraus verloren, dafür bekamen wir einen neuen dunklen, segelnden Begleiter von dem wir nur die Lichter erkennen konnten. Unsere Elektronik verriet uns die für ein Segelschiff großen Abmessungen: 72 m lang und 10 m breit. Der riesige Segler war allerdings auch nicht schneller als wir. Na super, das bedeutete für den Wachgänger das er kräftig aufpassen mußte, da wir in einem Abstand von einer halben Seemeile nebeneinander hersegelten. Die Strapazen wurden bei Tagesanbruch mit zunehmender Helligkeit allerdings ordentlich belohnt: der norwegische Dreimaster Christian Radick enthüllte seine Segelpyramide. So segelten wir bis kurz vor unser Ziel auf parallelen Kursen nebeneinander her.

Um 16:45 Uhr ließen wir unseren Anker vor Cascais, einem Vorort von Lisboa fallen. Wir erreichten auf den zurückgelegten 182 sm eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,1 kn mit Spitzenwerten von 9 kn. Die Shogun folgte uns zwei Stunden später auf den Ankerplatz und die Cariad lief gute drei Stunden nach uns in der Marina Cascais ein.

Wir verbrachten eine unruhige Nacht vor Anker, da die Atlantikdünung mit Gegenwind spielte. In den sehr frühen Morgenstunden war dann allerdings endgültig Schluß mit der Ruhe, da die Fischer zur Arbeit aufbrachen und mit Vollgas und möglichst hohen Bugwellen um uns Ankerlieger herumrasten. Bei uns polterten sogar einige Becher von der Pantry.

Nach dem Frühstück verholten wir in die Marina.

Lisboa (Lissabon) die größte Stadt Portugals und zugleich Hauptstadt und Regierungssitz liegt im äußerten Südwesten des europäischen Festlandes und soll daher für uns der Absprunghafen zu den Inseln „mitten“ im Atlantischen Ozean werden.

Die Marina Cascais oder besser gesagt Lisboa wird von den meisten Seglern, die wie wir mit Südkurs unterwegs sind angelaufen und so ist es nicht verwunderlich, das wir hier viele Bekannte wiedertreffen. Hier scheiden sich dann allerdings die Wege. Die einen wollen am Festland bleiben, die anderen wollen ihre Schiffe hier überwintern lassen um nach Nordeuropa zurückzukehren und wieder andere wollen wie wir weitersegeln. So gibt es einige Abschiede und einige Verabredungen für die Weiterreise.

Obwohl wir schon seit 10 Tagen hier in der Marina liegen fanden wir erst einmal etwas Zeit um das Zentrum von Lisboa zu besuchen. Gemeinsam mit den Crews der Max und der Aquaria unternahmen wir einen organisierten Stadtrundgang mit einer „Free Walking Tours“, der uns durch historische Straßen, kulturelle Gässchen und zu phantastischen Aussichtspunkten führte. Beim anschließenden Bierchen mit Lifemusik in einem Fado- Lokal kamen wir überein das sich die Tour selbst für Lisboa- Kenner gelohnt hat.

Unser Alltag dagegen gestaltet sich eher zermürbend, da wir nun doch beschlossen hatten uns hier in Lisboa anstatt auf den Kanarischen Inseln intensiv um unsere fehlenden Ausrüstungsteile zu kümmern. Es war seit erreichen der spanischen Küste nahezu unmöglich in einem angemessenen Zeitrahmen zu einem brauchbaren Preis Segelausrüstung zu erwerben und so sind wir zu der Befürchtung gelangt, daß es auf den Kanarischen Inseln nur noch viel leidiger werden kann, also beißen wir jetzt halt in den sauren Apfel.

In Belem einige Zugstationen entfernt gibt es tatsächlich auch einen super Segelladen, den DND und wir shoppen was das Zeug hält. Trotzdem wurmt es uns jetzt, daß wir nicht alle lang geplanten Ausrüstungsteile schon in Deutschland besorgt haben, sondern mit der Aussage starteten: „Das bekommen wir doch unterwegs noch!“. Wir vergaßen dabei allerdings die südländische Lebensweise „Mañana será otro!“ (Morgen ist auch noch ein Tag/ Spanisch) oder kurz gesagt „Mañana!“. Auf Portugiesisch heißt diese für uns andere Lebensweise dann „Amanhã!“. Eines ist allerdings richtig super, die Menschen nehmen sich viel Zeit für uns und so entwickeln wir ein ganz neues geduldiges, entspanntes, kommunikatives und freundliches Einkaufsverhalten bei dem auch schon mal über das vergangen Wochenende oder die Familie gesprochen wird. Wo gibt es das beim Shoppen in Deutschland? 🙂

Das Wetter hilft uns dabei sorgenfrei „herumzubummeln“, da in der kommenden Woche noch kein Segelwetter für unsere Weiterreise zu erwarten ist.

 

Viele Grüße aus Lissabon (P)

Asha & Helge

Crew der SY Gegenwind

 

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