Nun endlich wollten wir das leidige Thema nicht weiter vor uns herschieben. Gegenwinds Mast sollte gelegt werden um einige Reparaturen im Masttop vorzunehmen, an die wir mit unseren Kletterhilfen nicht herankommen: Wegkorrodierte Stecker am Funkkabel austauschen, zerbrochene Windmeßeinheit ersetzen, durchgescheuerte Fallenumlenkrolle erneuern, defekte Positionsleuchte und Ankerlicht flicken.
Wir hatten uns die hiesige Schiffswerft in Almirante schon angeschaut und einen Termin vereinbart. Nach unseren schlechten Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr mit der Schiffswerft auf Grenada fühlten wir dem Werftmanager und seinen Leuten hier deutlich intensiver auf den Zahn.
Das Ergebnis war gar nicht so schlecht. Die Leute hatten keine Ahnung wie sie unseren Mast am besten legen sollten, aber sie freuten sich über unser Fachwissen, das wir aus Jahrelangen Ostseeerfahrungen mitbrachten und so übergaben sie uns das Kommando.
Am Dienstag, den 08. November 2016 verholten wir Gegenwind um 07:30 Uhr an den Kranplatz, um dann um 08:00 Uhr mit dem Mastlegen zu beginnen. Aber… .
Naja, wir sind hier ja in der Karibik und obwohl die Schiffswerft einen US- Amerikanischen Besitzer hat, warteten wir erst einmal. Der Kran war defekt, er sprang nicht an. Zuerst wurde Sprit besorgt, aber fehlender Sprit war nicht die Ursache für den Defekt. Dann wurde mit dem Hammer auf dem Anlasser herumgehauen, aber das half auch nichts. Und zu guter Letzt entschied man sich die Batterie nochmal aufzuladen. Tatsächlich half diese Maßnahme um den Kranmotor dann um 10:30 Uhr zum Laufen zu bringen.
Nun aber ran ans Werk: Der Kran wurde auf unsere Anweisungen hin in Position gebracht und dann wurde der Mast natürlich auch auf unsere Anweisungen hin und durch unser tatkräftiges Anpacken fachmännisch gelegt. Die Mitarbeiter und Fabian, der Werftmanager taten prima mit. Fabian übersetzte Helges Kommandos ins Spanische an den Kranfahrer und die Helfer.
Einen kleinen Haken hatte die Sache dann aber doch, denn der Kran konnte den Mast nicht auf den bereitstehenden Böcken ablegen, da der Arm des Krans nicht so weit herunterreichte. Mit vielen Händen des Werftpersonals und anderer Segler, einigen Leitern, ordentlich Kraft und Außerachtlassen aller Sicherheitsmaßnahmen, allerdings mit großer Vorsicht, schafften wir es gemeinsam den Mast ganz herunter zu bekommen und auf sein Arbeitsgestell zu tragen. Im Anschluß verlegten wir Gegenwind wieder an eine Muringtonne vor der Schiffswerft und dann ging es an die eigentliche Arbeit.
Bei 35°C im Schatten und ohne einen Lufthauch ist das keine angenehme Sache, aber damit nicht genug, denn der Mast lag natürlich nicht im Schatten sondern in der prallen Sonne. Auch damit war es noch nicht genug, denn in der ganzen Bocas Region wimmelt es nur so von Sandfliegen und Mücken, so daß wir als Arbeitskleidung lange Hosen, langärmelige Pullover, teilweise einen Schal um Hals und Kopf und Socken trugen. Die Kleidung war nach spätestens einer Viertelstunde pitschnaß und wir versuchten so viel Wasser wie möglich in uns hineinzuschütten. Unsere kleinen Pausen machten wir, wie die Werftarbeiter, unter einem Dach, bei dem dann zum Vertreiben der Sandfliegen die Müllverbrennungsanlage (zwei mit Müll bestückte alte Ölfässer) brannte und schön vor sich hinräuchterte. Die Müllverbrennungsanlage wurde mit allem bestückt was irgendwie brennt (Plastik, Pappe, Styropor, Späne, Grünzeug, aufgebrauchte Kleidung, defekte Schuhe, unbrauchbare Glasfaserteile, altes Holz) nur unsere leeren Farbdosen und die leeren Reinigungsmitteldosen durften nicht in die Tonnen.
Die schlimmsten Moskito- und Sandfliegenzeiten waren morgens vor 09:00 Uhr und nachmittags ab 17:00 Uhr. Wir verließen unseren Mast also mit einer schellen Dusche meist zwischen 16:00 und 17:00 Uhr um auf Gegenwind zu flüchten, Moskitonetze aufzubauen, Räucherkerzen anzustellen und bei immerhin noch 31°C im Schiff ein wenig auszuspannen. Allerdings gestaltete sich das Ausspannen mit Kratzorgien – an einem Abend zählte Asha bei Helge um die 100 Sandfliegenbisse an einem Bein trotz Schutzmaßnahmen. Es half ja nix, wir mußten da durch. Zu unserem Schutz versuchten wir die hiesigen Insektensprays mit mäßigem Erfolg, sowie Kokosnußöl, das uns alles einsaute und wenig half. Bei der Linderung hatten wir dank der Tipps einer Kanadischen Seglerin etwas mehr Erfolg. Das abrubbeln mit Essig half kurzfristig das Jucken zu mildern und nach den ersten Schlaflosen Nächten nahmen wir Antihistamintabletten, die uns dann die nötige Nachtruhe verschafften.
Die Arbeiten am Mast gingen uns bei diesen Bedingungen leider mal wieder deutlich schleppender von der Hand, als wir das gehofft hatten. Wir reinigten und polierten den Mast, wuschen die Fallen (das ganze Tauwerk um die Segel hochzuziehen), ließen uns von Fabian, dem Werfmanager, eine neue Fallenumlenkrolle bei einem lokalen Dreher bauen, ersetzten die korrodierten Funkstecker, die wir in weiser Voraussicht schon in Deutschland in unsere Ersatzteilkiste gepackt hatten, improvisierten die Reparatur unserer Positionslaterne und des Ankerlichts und wechselten die Windmeßeinheit aus, die wir seit Kuba an Bord hatten. Das wir die Ersatzwindmeßeinheit jetzt an Bord hatten, verdanken wir einem Gemeinschaftsprojekt unserer lieben Helfer in Deutschland. Doch wäre das fast schiefgegangen, denn am Flughafen in Kuba wurde das Ding zuerst als Bombe identifiziert und nur dank der Redekunst von Ashas Vater, der uns die Einheit im Gepäck mitbrachte, waren wir jetzt in der glücklichen Lage die kaputte Einheit auszuwechseln. Damit das Teil diesmal hoffentlich etwas länger der Sonne standhalten wird, malten wir es vor der Montage an.
Am Freitag, den 11. November 2016 wollten wir den Mast eigentlich wieder gesetzt haben, aber wir waren noch nicht fertig, denn es ging natürlich auch nicht alles glatt bei der Arbeit, so daß wir den Termin verschoben. Einige unserer Wantenspanner, die wir zum Befestigen und Spannen des Mastes brauchen ließen sich trotz aller Versuche inclusive Chemie und Gewalt nicht mehr bewegen. Zum Glück hatten wir noch ein paar Ersatzspanner in unserem Ersatzteilbestand und so konnten wir den Mast am Folgetag wieder stellen (Ersatzspanner hätten wir hier sonst aus den USA mit ungefähr zwei Monaten Lieferzeit bestellen müssen).
Am Samstag war es dann so weit, die Arbeiten waren erledigt, und Gegenwind lag bereit um ihren Mast wieder zu bekommen. Wie beim Mast Legen, so ging es diesmal mit der gleichen Prozedur ans Werk und nach zwei Stunden Arbeit Stand der Mast wieder ordentlich an Deck und Gegenwind sah wieder nach einem richtigen Segelschiff aus!
Fabian, der Werfmanager und seine Leute waren froh von uns etwas gelernt zu haben und wir strahlten, das alles so gut geklappt hatte.
Viele Grüße aus dem Bocas del Toro Archipel, Panama
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind