Die Tuamotos: Raroia – Das Südseeparadies hat so seine Tücken

Nukuhau - der Inselversorger

Nukuhau – der Inselversorger

Datum: Montag, 21.Mai 2018,14:00 Uhr Tahiti-Zeit
GPS-Position: S 16°02,770‘, W 142°28,230‘ (unverändert)
Aktuelles Wetter: Teilweise bedeckter Himmel, Regenschauer, bei angenehmen 28,7°C im Schiff, Wassertemperatur 27,4°C, Wind 5 bis 6 Beaufort aus Ost zeitweise gute 7 Beaufort, Gegenwind steckt selbst am Ankerplatz weiterhin die Nase immer wieder ins Wasser und tanzt auf der Windsee im Motu.

Die Überfahrt von den Marquesas mit der Einfahrt nach Raroia hatte uns doch ganz schön erschöpft aber unsere erste Nacht vor Anker konnten wir wenigsten tief und fest schlafen – trotz Geschaukel und kräftigem Wind am Ankerplatz.
Dieser Archipel ist ganz anders als die Marquesas. Er ist flach und voll mit Palmen am weißen Strand während das Wasser mit Korallenriffen bestückt ist, die teilweise aus dem Wasser gucken und teilweise dicht unterhalb der Wasseroberfläche in dem traumhaften Südseetürkis schimmern.
Mit unserer Entscheidung vor dem Ort zu ankern haben wir uns einige Unannehmlichkeiten verursacht. So ist das aber nun, denn wir waren halt müde und erschöpft und müssen nun damit klarkommen. Unseren Anker hatten wir auf 25 m Wassertiefe fallen lassen und damit 50 Meter Kette und einiges an Leine ausgebracht und bei den zurzeit vorherrschenden starken Winden und den Wellen, die sich im Archipel aufbauen, da wir auf der Westseite liegen, steht so viel Kraft auf dem Ankergeschirr und den Decksbeschlägen von Gegenwind, das wir ein Einholen nicht riskieren wollen bis die Wetterverhältnisse sich bessern und unsere Kraft dafür ausreicht. So sind wir bisher an Bord geblieben um nötigenfalls bei zu heftigen Böen mit Motorhilfe reagieren zu können und damit ein wenig Entlastung auf das Ankergeschirr zu bringen. Die fiesesten Böen kommen übrigens immer im Dunkeln, so daß wir, wie beim Segeln, hier zeitweise Nachtwachen gehen um nicht während des Schlafens von den Böen, unseren Alarmen oder noch schlimmer vom Knirschen beim Auflaufen auf eine der vielen Korallen unliebsam geweckt zu werden. Heute Morgen versprach uns der Wetterbericht allerdings Besserung für die kommenden Tage – wir hoffen darauf.
Aber auch unser Ankerplatz bietet uns ein paar spannende Einblicke in die Motu- Welt. Vor allem navigatorisch arbeiten wir so einiges auf, das wir bisher zwar gelesen hatten aber kaum nachvollziehen konnten. So sind die uns umgebenden Korallenriffe nur zu bestimmten Zeiten zu erkennen, nämlich nur dann, wenn die Sonne im richtigen Winkel darauf scheint. Die westlich von uns gelegenen Korallen leuchten in dem sonst dunklen Wasser nur zwischen ca. 10:00 Uhr morgens und kurz nach Mittag türkis (bzw. die Köpfe braun) während sie sonst weitgehend im dunklen Wasser verborgen bleiben. Die östlich gelegenen Korallen dagegen erkennen wir nur zwischen Mittag und ca. 16:00 Uhr machmittags. Auch Wellen und Wolken spielen bei der Erkennung der Korallen eine große Rolle. Weiße Schaumkronen auf den Wellen verbergen die Riffe während durchziehende Wolken türkisene Riffe und auch dunkle Wasserflächen vortäuschen. Wenn der Himmel dann sogar grau in grau ist, verschwindet jedes noch so schöne Farbenspiel der Riffe im Dunkel des Wassers.
Wie gut, das wir das hier an unserem Ankerplatz so gut nachvollziehen können, denn die Navigation innerhalb der Atolle ist eine fast reine Sichtnavigation wie in den alten Segelschiffzeiten. Außer ein paar Hauptstrecken zu den Orten, auf denen sogar Tonnen ausgelegt sind, sind die Atolle nahezu unkartographiert , anders als der Ostseesegler es aus den schwedischen oder norwegischen Schären kennt, in denen jede Kleinigkeit in den Seekarten abgebildet ist.
Ein anderes Abenteuer ergibt sich hier aus den Gezeiten, deren Höhe mit meist weniger als einem Meter nur gering ist, aber deren Strömungen von bis zu acht Knoten bei den Atoll Einfahrten ziemlich bedeutend ist. Gegenwind könnte nicht dagegen an fahren. So stehen nur Hoch- oder Niedrigwasser, also die Stillwasserzeiten zum Ein- und Auslaufen zur Verfügung. Zusätzlich heißt es in der Literatur, das es am einfachsten ist, bei Niedrigwasser einzulaufen, da dann die Riffe am besten erkennbar sind und die Strömungen sowie die Wellen vor den Atollen am geringsten sein sollen. Wir haben inzwischen die verschiedensten Gezeitendaten nach Hoch- und Niedrigwasserzeiten durchwühlt und eigentlich sagen alle etwas anderes aus, was uns die Auswahl nicht gerade leicht macht. Aber jetzt haben wir hier inzwischen zwei Tafeln (Navionics und TotalTide) für uns ausgemacht, die zumindest nicht ganz daneben liegen können, denn wir sind damit gut hier ins Atoll gekommen und die Daten stimmten mit den An- und Abfahrtszeiten von dem Inselversorger, der Nukuhau, die Raroia gestern einen Besuch abgestattet hatte ziemlich überein. Und noch eine Tücke, denn wer sich hier einzig auf die Technik verläßt, der kann damit auch seine Überraschungen erleben, denn wir hatten bei der Einfahrt festgestellt, das unser Echolot (Wasser-Tiefenmesser) bedingt durch das Brodeln von Strömung und Wellen keine Daten mehr lieferte.
Also mal kurz zusammen gefaßt: Wir sollten dringend mal wieder Lottospielen! – Denn die Wahrscheinlichkeit im Lotto zu gewinnen ist wohl kaum kleiner, als einen passenden Zeitpunkt für das Ansteuern eines Atolls in den Tuamotus zu finden, bei dem Wolken, Wind und Wellen genauso wie die Tageszeit, also der Sonnenstand und die errechneten Gezeiten mit der Realität ein paar Tage vor dem Eintreffen vor der Einfahrt zum Atoll mit der unzuverlässigen Segelschiffsgeschwindigkeit vorhergesagt werden können.

Trotzdem ist das hier eine superspannende, hochabenteuerliche Erfahrung in einer echt beeindruckenden Gegend, den „gefährlichen Inseln“ – also ein Idyll mitten im Pazifik!

Viele Grüße aus Raroia, Tuamotu Atoll, Französisch Polynesien
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind

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