Die Türkei nahmen wir nur als Durchgangsland wahr. Zum Glück waren wir so früh in der Saison, so daß wir noch nicht sofort von den Urlauberströmen erschlagen wurden sondern uns langsam an die Mittelmeerverhältnisse gewöhnen konnten. Abgesehen von der inzwischen völlig ungewohnten, nicht tropischen Umgebung und den völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Gepflogenheiten bedeutete Fethiye für uns ein ganz neues Ziel ins Auge zu fassen: „Wir wollten ankommen und dabei einen neuen, alten Weg einschlagen.“
Fethiye erlebten wir während unseres Aufenthaltes als vom Winterschlaf erwachendes Urlauberdomizil. Die Marinas boten Massen an Charteryachten einen Ruheplatz, Ausflugsschiffe lagen an den Piers um die restlichen Renovierungsarbeiten zu erledigen und erste Touristen zu attraktiven Plätzen zu befördern, außerdem war auch die Promenade gerade dabei aus dem Winterschlaf zu erwachen und für die frühen Touristen erste Leckereien bereitzustellen. Auch die Altstadt mit dem kleinen Basar versuchte langsam zum Leben zu erwachen und die Restaurantbetreiber, die ihre Kunden vor den Lokalen anquatschten um die ersten Gäste für sich zu gewinnen, mußten noch jeden Gast hart umwerben.
Wir spazierten immer wieder durch die Stadt und genossen die andere Art des Lebens um uns herum. Wir fanden ein kleines türkisches Lokal für eine gute und günstige Mittagsmahlzeit: Dönerfleisch mit täglich wechselnden Leckereien und wir durften jedes Mal ganz selbstverständlich in die Küche um einmal in die Töpfe zu gucken. Außerdem entdeckten wir einen Eisladen mit leckeren Eiskugeln, die wir schon seit Jahren vermissen – zumindest für einen akzeptablen Preis. Das war lecker aber leider wurden wir nach einer Woche von der Bedienung darauf aufmerksam gemacht, das sich die Preise von einen auf den anderen Tag verdoppelt hatten – so ein Pech. In der Türkei betrug die Inflationsrate während unseres Aufenthaltes ca. 60-70%, teure Produkte wurden daher gerne in Euro verkauft und alles andere war im steten Preiswandel um bei der Inflation mithalten zu können.
So verging unsere Zeit bis zum Eintreffen von Gegenwind, dann hatten wir wieder zu tun, denn Gegenwind mußte ja wieder segelfertig gemacht werden. Vor der kleinen namenlosen Marina in der Gegenwind lag, bot sich uns immer wieder ein tolles Schauspiel, denn Schildkröten bevölkerten die Bucht und guckten prustend aus dem Wasser. An einem Vormittag gab es dann auch ein nicht jugendfreies Schauspiel direkt vor dem Steg: Schildkrötensex.
Uns blieb trotz der Arbeiten an Gegenwind noch genügend Zeit für ein paar Spaziergänge in die Umgebung. Wir erklommen die fußläufigen Berge, genossen die Aussicht, denn die hohen Berge im Hintergrund deren Kuppen immer noch schneebedeckt waren, boten einen wunderschönen Anblick. Und auch die „alten Steine“ bewunderten wir nach so langer Zeit in den Tropen genüßlich, denn in den Tropen findet man nur wenige erhaltene, historische Bauwerke. So finden sich oberhalb der Stadt historische Höhlenwohnungen, die in die Berge eingebettet sind. Das hat uns sogar dazu animiert nach einer gefühlten Ewigkeit endlich mal wieder unsere Fotokamera herauszuholen und Bilder zu machen und nicht nur mit dem Handy einfach draufzuhalten.
Auch wenn wir hier überwiegend froren und mit Schal und Fließpullover durch die Gegend zogen, während das Gros der Urlauber kurze Hosen und Spagettiträger zeigte, merkten wir, daß wir uns doch von der Erschöpfung der vergangenen, tropisch heißen Monate langsam erholen konnten. Unsere Streifzüge durch die Straßen endeten inzwischen sogar mit der Frage: „Was wollen wir morgen machen?“
Ein Weg führte uns in den riesigen Werftbereich von Fethiye, eine Straße ging dort mitten durch und während eine Winde eine riesige Yacht auf einer Slipbahn hochzog, fuhren Autos über die Seilzüge mit denen der Slipwagen gerade hochgezogen wurde.
So vergingen die Tage, Gegenwind war inzwischen startklar und wir hatten uns ausgiebig genug umgesehen. Am 27. April 2022 sollte unsere Zeit für den Liegeplatz ablaufen. Und so wie der Wetterbericht aussah, sollten wir Glück haben für ein ruhiges Wetterfenster.
Viele Grüße aus dem Mittelmeer
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind