Eigentlich wollten wir von Panama City direkt nach Ecuador, aber zu kräftige Gegenwinde, der gegenlaufende Humboldtstrom und unser knapp werdender Dieseltreibstoff ließen uns nach Tumaco, Kolumbien abdrehen.
Wir sind froh darüber!
Wir entschieden uns für einen Südkurs in Richtung Ecuador, abseits der sogenannten Barfußroute, die von den meisten genutzt wird, da wir einen interessanten Platz für einen Landausflug suchten und unsere nonstop Seestrecke zu den Pazifikinseln etwas verkürzen wollten.
Der Hintergrund zu unserer Entscheidung für den Südkurs:
- Für den direkten Kurs von Panama zu den Marquesas waren wir zu spät. Wer nicht bis Ende März den Anker in Panama City ausgebuddelt hat, muß mit Gegenwinden und einem immer kräftiger werdenden gegenlaufenden Humboldtstrom rechnen.
- Bei der Äquatorüberquerung muß man den sogenannten Kalmengürtel, eine Zone mit Flaute, durchqueren, so daß lange Zeiten unter Motor oder driftend eingeplant werden müssen. Diese Strecke wollten wir mit unserem Südkurs so schnell wie möglich hinter uns bringen und uns anschließend ein wenig Erholen sowie außerdem unseren Dieselvorrat wieder auffüllen.
- Im Nordostpazifik beeinflußt die Hurrikansaison von Juni bis November die direkte Route von Panama nach Französisch Polynesien, während die Hurrikansaison auf den Südpazifischen Inseln von November bis April geht. Südlich des Äquators haben wir die Möglichkeit das ganze Jahr über zu den Pazifischen Inseln aufzubrechen, denn unsere Route von Ecuador zu den Marquesas liegt nicht auf der Bahn der Hurrikane.
- Ab Mai/ Juni beginnt langsam die Sommerzeit in Panama, also auch die Gewitterzeit, die in Ecuador keine Rolle spielt.
Jetzt aber endlich zu unseren Erfahrungen in Kolumbien – Tumaco:
- Hafenbeschreibungen und exakte Seekarten:
Mit dem offiziellen Kolumbien- Guide, den wir bei unserem Besuch auf Providencia vergangenes Jahr erhielten, hatten wir ein gutes Hafenhandbuch zur Hand und die enthaltenen Seekarten stimmten exakt. Die Kolumbianer pflegen ihre Seezeichen in der Regel gut und haben gute Unterlagen.
Der Titel des Cruising Guides lautet: engl.: „Cruising Guide to Columbia“/ spanisch: „Guía Náutica Turística de Colombia“. Den Cruising – Guide gibt es normalerweise in jedem kolumbianischen Hafen kostenlos beim Agenten oder im Internet zum Runterladen beim „Centro de Investigaciones Oceanográficas e Hidrográficas – CIOH“: https://www.cioh.org.co/guia-nautica-turistica-colombia.html#guiatc - Vor der Einfahrt in einen Pazifikhafen Kolumbiens sollte man sich per Funk anmelden. Unsere Anmeldung vor der Einfahrt von Tumaco erfolgte auf UKW Kanal 16 an die „Coast Guard“ und den „Capitán del puerto“. Wir warteten allerdings einige Zeit auf die erste Antwort, denn es mußte erst ein englischsprachiger Funker geholt werden – also etwas Geduld mitbringen. Die Station ist 24 Stunden am Tag besetzt und bei Bedarf wird ein englischsprachiger Funker hinzugeholt. Die Betreuung über Funk erfolgte super freundlich und bis ins letzte Detail zur Ankerposition. Das Englisch war ein wenig holprig aber mit gutem Willen bekamen wir das gemeinsam mit dem Funker auf der anderen Seite super hin.
- Die Absprachen zur Einklarierung erfolgten über Funk und schließlich holten wir den Portkapitän und seinen Übersetzter mit unserem Dingi ab, da ihr Boot gerade Unterwegs war. Sie zogen sogar Ihre klobigen Schuhe für unser Dingi aus. Das Frage-Antwortspiel verlief freundlich und unser Agent wartete auf der Pier. Ein Agent wurde vom Portkapitän mitgebracht, da wir keinen eigenen im Vorfeld benannt hatten.
- In Kolumbien benötigt man für die Formalitäten einen Agenten. Die Kosten variieren von Hafen zu Hafen und von Agent zu Agent. Die Kosten für den Agenten sind allerdings die einzigen Kosten. Wir zahlten in Tumaco einen Komplettpreis von 90 USD für unsere Ein- und Ausklarierung. Die Agenten sind in dem Cruising Guide gelistet.
- Die Formalitäten nahmen allerdings trotz Agent einige Zeit in Anspruch, denn wir mußten für die Ein- und Ausreisestempel in unsere Reisepässe dabei sein. Die Absprache mit dem Agenten verlief problemlos trotz seinem holprigen Englisch.
- Der Ankerplatz wurde 24 Stunden von der Marinebasis bewacht. Wir fühlten uns immer sicher. Und der Wachposten half meist auch beim Anlanden mit unserem Dingi und reichte seine Hand oder nahm unser Gepäck entgegen.
- Der Ankergrund war leider schlecht, denn er bestand aus Steinen, die dem Anker nur schlechten Halt gaben.
- Die Soldaten (Offiziere und Mannschaften) in der Marinebasis waren sehr um unser Wohl besorgt und standen „Gewehr bei Fuß“ wenn wir Fragen hatten oder wenn wir nur so aussahen als suchten wir etwas. Da wir kein Spanisch sprechen und die meisten kein Englisch, hatten wir in der Regel viel Spaß bei der Kommunikation mit Händen und Füßen. Aber bei dem guten Willen von jedem bekamen wir alles was wir benötigten – und auch der Wachhund wurde aufgefordert sich von uns streicheln zu lassen.
- Auch die Menschen außerhalb der Marinebasis waren immer freundlich zu uns, halfen uns weiter oder hielten uns einfach nur vom Spazierengehen ab, weil sie uns „Willkommen heißen“ wollten oder stolz ihre „Englischkenntnisse“ an uns ausprobierten.
- Zum Diesel Tanken braucht man eigene Kanister, denn die Tankstelle ist weit entfernt und nur per Auto/ Taxi erreichbar. Der Agent bot uns seine Unterstützung an, wir hatten allerdings einen Freund der uns half.
- Es gibt einen guten Supermarkt in der Stadt, der auch per Bus zu erreichen ist. Wir gingen den Weg sogar einmal zu Fuß.
- Das Bunkern von Trinkwasser ist nicht möglich. Die Marinebasis bezieht ihr Trinkwasser aus Tankwagen. Für die Entsalzungsanlage ist das Wasser zu dreckig. Auch Duschmöglichkeiten stehen in der Marinebasis nicht zur Verfügung. Insgesamt ist Trinkwasser knapp in Tumaco, aber es regnet häufig, so daß wir unseren Wasserbedarf mit Regenwasser deckten.
- Internetzugang bekommt man in lokalen Hotels/ Restaurants, meist mit Passwörtern. Oder man besorgt sich eine lokale SIM Karte. Die Freischaltung der SIM- Karte ist allerdings trickreich, denn dafür benötigt man eine kolumbianische Ausweis ID-Nummer.
- Tumaco ist ehemaliges FARC- Gebiet und die Gegend ist eine der Hauptdrogenstraßen, trotzdem war Tumaco der erste Ort an dem Helge nicht von Drogenhändlern angesprochen wurde. Natürlich gibt es hier, wie in jeder anderen Gegend der Welt, auch unsichere Ecken, aber die Menschen denen wir begegneten warnten uns proaktiv vor dieser oder jener Straße und vor einigen ländlichen Gegenden, die wir allerdings auch nicht aufsuchten. Wir fühlten uns jederzeit sicher und wohl zwischen den supernetten Kolumbianern und bedauern es, das wir nicht länger in Kolumbien geblieben sind.
Unser Fazit:
Gute kolumbianische Seekarten, einfache Navigation mit den gut gepflegten Seezeichen trotz Gezeiten, freundliche, professionelle und hilfsbereite Offizielle, supernette Menschen.
Tumaco auf der Pazifikseite Kolumbiens ist eine Reise wert!
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind